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Eine Frage der Flexibilität: Anhörung zur Arbeitszeiterfassung im Bundestag

14.10.2023 12:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Eine Frage der Flexibilität: Anhörung zur Arbeitszeiterfassung im Bundestag
Im Arbeitsausschuss des Bundestags wurde kontrovers darüber diskutiert, wie die Arbeitszeiterfassung künftig gesetzlich geregelt werden sollte (Symbolbild)
© Foto: Quality Stock Arts/stock.adobe.com

Die Stellungnahmen der Sachverständigen reichten von einer möglichst detaillierten bis hin zu einer möglichst flexiblen gesetzlichen Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes.

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In einer öffentlichen Anhörung hat sich der Arbeitsausschuss im Bundestag mit der gesetzlichen Umsetzung zur Arbeitszeiterfassung befasst. Die Meinungen der gehörten Experten gingen dabei auseinander. Die Stellungnahmen reichten von einer möglichst detaillierten bis hin zu einer möglichst flexiblen gesetzlichen Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes

Anlass für die Anhörung waren Anträge der Unionsfraktion und der Linksfraktion. Im vergangenen Jahr hatte das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass die Arbeitgeber ein System einführen und anwenden müssen, mit dem Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden erfasst werden. Das Bundesarbeitsministerium hatte im April einen ersten Referentenentwurf vorgelegt, dieser ist bisher aber noch nicht im Kabinett verabschiedet worden und damit auch noch nicht im parlamentarischen Verfahren.

Bei der Anhörung im Ausschuss kamen verschiedene Sachverständige zu Wort. Die Vertreter der Arbeitgeberverbände betonten entsprechend dem Unionsantrag, dass Spielräume und Flexibilität notwendig seien. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) trat dagegen, wie der Antrag der Linken fordert, für eine taggenaue Aufzeichnung von Arbeitszeit und Ruhepausen ein.

Achtstundentag beibehalten, Arbeitszeit genau erfassen

Eine enge Auslegung des BAG-Urteils wäre nach Ansicht des DGB wünschenswert. Auch gebe es bereits jetzt genügend Flexibilisierungsmöglichkeiten im Arbeitszeitgesetz. Der Gewerkschaftsbund wünscht sich, den Achtstundentag beizubehalten. Dieser sei von erheblicher Bedeutung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Er sprach sich außerdem dafür aus, die tägliche Höchstarbeitszeit zu begrenzen.

Nils Backhaus von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, wies drauf hin, dass Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit erfassten, über mehr zeitliche Spielräume verfügten als jene, die dies nicht tun. Lange Arbeitszeiten könnten zu psychosomatischen Beschwerden führen.

Christiane Brors von der Universität Oldenburg sagte, dass ein modernes Arbeitsrecht Begrenzungen brauche. Gebraucht werde auch eine manipulationssichere Arbeitszeiterfassung. Aus ihrer Sicht wird es auf eine taggenaue Aufzeichnungspflicht, die zu Kontrollzwecken auch digital sein sollte, hinauslaufen.

Wochenarbeitszeit und mehr Flexibilität als Gegenmodell

Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) betonte andererseits, dass der Erhalt der Vertrauensarbeitszeit ein wichtiges Element der betrieblichen Praxis sei. Er schlug vor, die Höchstarbeitszeit auf die Woche zu verteilen.

Das BAG habe die Vertrauensarbeitszeit bestätigt, deshalb sollte aus seiner Sicht daran festgehalten und nicht in Arbeitsverträge eingegriffen werden. Nach seiner Interpretation des EuGH-Urteils muss der Arbeitgeber nur ermöglichen, dass die Arbeitszeit erfasst werden kann. Er sei aber nicht verpflichtet, diese selbst zu erfassen.

Oliver Zander vom Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Elektro- und Metall-Industrie (Gesamtmetall) wies darauf hin, dass mehrere Berufsgruppen bereits geäußert hätten, dass sie nicht in die Arbeitszeiterfassung einbezogen werden wollen.

In der Vertrauensarbeitszeit gebe es einen guten Ausgleich, sagte Zander mit Blick auf die Forderung der Linken nach „minutengenauer“ Arbeitszeit-Aufzeichnung. Daran hätten die Arbeitnehmer kein Interesse. Zander ermunterte die Koalition, „Vertrauensarbeitszeit wieder zu ermöglichen“.

Tarifliche Öffnungsklauseln als Vorschlag

Jan Dannenbring vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZdH) betonte den Grundsatz der Formfreiheit, die Arbeitszeiterfassung müsse flexibel gehandhabt werden können. Er plädierte zudem für die Tarifbindung, um in Tarifverträgen flexible Regelungen zu bekommen. Für eine flexible Arbeitszeiterfassung machte sich auch Wolfgang Molitor vom Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks stark. Er hielt eine Wochen-Erfassung der Arbeitszeit für richtig.

Gregor Thüsing von der Universität Bonn sprach sich für tarifliche Öffnungsklauseln aus. Der EU-Gesetzgeber gehe von einer Wochen-Höchstarbeitszeit von 48 Stunden aus. Dies sei, kombiniert mit Ruhezeiten, ein genügender Schutz. Die Regierung sollte sich daran orientieren, so Thüsing, „mehr Freiheit“ zu wagen.

Bußgeld für Arbeitgeber?

Thomas Klein von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes ging auf die Vertrauensarbeitszeit ein, von der nicht klar sei, „was es ist“. Wenn damit gemeint sei, dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeit selbst festlegen, dann wäre dies nach dem EuGH-Urteil weiterhin möglich.

Die Höchstarbeitszeiten dürften jedoch nicht überschritten werden. Klein trat dafür ein, dass der Gesetzgeber bezüglich des Nachweises von Arbeitszeit die Beweislast modifizieren sollten. Er kritisierte, dass Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht kein Bußgeld für den Arbeitgeber zur Folge hätten.

Frank Bayreuther von der Universität Passau plädierte dementsprechend für eine klare gesetzliche Vorgabe, dass eine Behörde bei Verstößen ein Bußgeld verlangen kann. Er widersprach auch der Ansicht, der Arbeitgeber könne selbst entscheiden, ob er von der Arbeitszeiterfassung Gebrauch machen wolle oder nicht.

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