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Niqab am Steuer: Erneute Gerichtsentscheidung notwendig

15.07.2024 11:09 Uhr | Lesezeit: 5 min
Muslim am Steuer
Anders als bei nur bedeckten Haaren ist beim Niqab eine Feststellbarkeit der Identität des Fahrzeugführers nicht mehr gewährleistet - die STVO regelt dieses verfassungsmäßige Verhüllungsverbot seit 2017. Die Begründung der Düsseldorfer Behörden jedoch ist fehlerhaft, wie nun festgestellt wurde
© Foto: picture alliance / Westend61 | Jose Carlos Ichiro

Eine muslimische Glaubensangehörige aus Neuss, die aus religiösen Gründen auch beim Führen eines Kraftfahrzeugs ihr Gesicht mit Ausnahme eines Sehschlitzes für die Augenpartie mit einem Gesichtsschleier in Form eines Niqab bedecken möchte, hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Verhüllungsverbot am Steuer. Die Bezirksre­gierung Düsseldorf muss aber über ihren Antrag auf Erteilung einer Ausnahmege­nehmigung erneut entscheiden

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Das hat das Oberverwaltungsgericht heute entschie­den und der Berufung der Klägerin gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düssel­dorf vom 01.12.2021 teilweise stattgegeben.

Urteilsbegründung

Zur Urteilsbegründung hat die Vorsitzende des 8. Senats ausgeführt: Die im Jahr 2017 in Kraft getretene Regelung der Straßenverkehrsordnung, nach der derjenige, der ein Kraftfahrzeug führt, sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken darf, dass er nicht mehr erkennbar ist, ist verfassungsgemäß. Das Verhüllungs- und Ver­deckungsverbot verfolgt den Zweck, die Erkennbarkeit und damit die Feststellbarkeit der Identität von Kraftfahrzeugführern bei automatisierten Verkehrskontrollen zu sichern, um diese bei Verkehrsverstößen heranziehen zu können. Außerdem schützt es die Rundumsicht des Kraftfahrzeugführers.

Berufung wegen Abwägungsfehler der Ablehnung rechtens

Auf eine solche Ausnahmegenehmigung hat die Klägerin keinen unmittelbaren An­spruch. Die Entscheidung steht im Ermessen der Behörde, wie Fahrschule online bereits im letzten Jahr berichtete hatte (hier nachzulesen). Allerdings hat die Be­zirksregierung Düsseldorf das ihr eingeräumte Ermessen bei der Ablehnung des An­trags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung bislang nicht fehlerfrei ausgeübt und muss daher über den Antrag nochmals entscheiden. Bei ihrer Ablehnungsent­scheidung habe die Behörde die Religionsfreiheit nicht hinreichend mit den für das Verbot sprechenden Belangen abgewogen. Zu Unrecht hat sie etwa darauf abge­stellt, dass das Verhüllungs- und Verdeckungsverbot auch die nonverbale Kommuni­kation im Straßenverkehr sichert. Diese ist, soweit sie im Straßenverkehr überhaupt erforderlich ist, durch den Niqab nicht beeinträchtigt. Die Annahme der Behörde, dass ein Niqab die Rundumsicht beeinträchtigt, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu, wovon sich der Senat in der mündlichen Verhandlung, an der die Klägerin persönlich teilgenommen hat, überzeugen konnte. Zudem hat die Behörde alternative Möglich­keiten, um die Ziele des Verbots jedenfalls annähernd zu erreichen, wie etwa die Sicherstellung der Identifizierbarkeit der Klägerin per Fahrtenbuch nicht hinreichend erwogen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde zum Bun­desverwaltungsgericht eingelegt werden.

Aktenzeichen: 8 A 3194/21 (I. Instanz: VG Düsseldorf 6 K 6386/20)

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