Er zog die Fahrlehrerschaft schon beim Deutschen Fahrlehrerkongress in Berlin in seinen Bann. Nun riss er die Mitglieder des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg bei der diesjährigen Mitgliederversammlung sprichwörtlich von den Stühlen. Unter dem Motto „ Erfolg beginnt im Kopf – die eigenen Potenziale nutzen“, appellierte der Mentaltrainer, Autor und TV-Experte Thomas Baschab an die Fahrlehrer, Grenzen nicht zu akzeptieren. Nur, weil irgendjemand einmal behauptet hat, etwas würde nicht gehen, hieße das noch lange nicht, dass dies auch für den Einzelnen gilt. Wichtig sei, sein Ziel zu definieren und es jeden Tag aufs Neue in der Vorstellung zu erreichen, dann werden Grenzen mühelos überschritten.
Mit Blick auf die Billigheimer unter den Fahrschulen gab Baschab etwas Wichtiges zu bedenken: Es gäbe kein Produktsegment, wo ein Billiganbieter Marktführer ist. Also scheinen die Verbraucher durchaus bereit, für Qualität auch etwas mehr auszugeben. Denn der Preis sei meist kein Problem in den Köpfen der Kunden – sondern vielmehr in den Köpfen der Verkäufer: „Wenn Sie glauben, Sie sind zu teuer, überträgt sich diese Einstellung unbewusst auf Ihre Kunden“, warnt Baschab. Ein Training für bessere Argumente beim Verkaufsgespräch, sei schlicht Blödsinn. „Vielmehr brauchen Sie die Überzeugung, dass Ihre Leistung einen hohen Preis wert ist“, rät Baschab – und das gilt es zu verkaufen. Dumpingpreise seien ein Signal, dass der Kunde lediglich eine durchschnittliche Leistung zu erwarten hätte. Abschließend warnte der Coach und Mentaltrainer nochmals eindringlich: „Hören Sie auf mit den Dumpingpreisen – Sie machen sich nur gegenseitig kaputt!“
Neues Gesicht beim TÜV Süd
Die Mitgliederversammlung der Baden-Württemberger war für Klaus Schmiederer die Gelegenheit, sich den Fahrlehrern vorzustellen. Schmiederer folgt auf Horst Schneider, der in den Ruhestand geht, und wird künftig beim TÜV Süd im Vorstand das Segment Mobilität verantworten. Schmiederer will die gute Partnerschaft von Prüfgesellschaft und Fahrlehrern weiter pflegen. Schließlich arbeiten beide Seiten dafür, dass der Fahrernachwuchs sicher unterwegs ist. Wie die Fahrlehrerschaft beobachte auch der TÜV Süd einen kontinuierlichen Abwärtstrend beim Führerschein. „Das neueste Smartphone ist vielen jungen Menschen wichtiger als das eigene Auto“, sagt Schmiederer. Deshalb gelte es gemeinsam den Jugendlichen aufzuzeigen: „Autofahren muss ich lernen, auch wenn ich kein eigenes Auto besitze“.
Schmiederer berichtete weiter von dem Vorhaben, die praktische Prüfung künftig online zu beantragen, genau wie es schon heute bei der theoretischen Usus ist. Das Ziel sei, dies bis Ende des Jahres auf den Weg zu bringen. Verbandschef Jochen Klima entgegnete, dass dieses Online-Buchungssystem den Fahrlehrern schon in der Mitgliederversammlung 2014 versprochen worden sei und er sich wünsche, dass dies nun wirklich zur Umsetzung komme. Außerdem forderte Klima, dass der TÜV das Inkasso seiner Gebühren selbst durchführen sollte – die freie Planung der Prüftermine durch die Fahrschule dürfe dadurch aber nicht angetastet werden.
Positive Bilanz des Branchenversicherers
Andreas Anft, Vorstandsmitglied der Fahrlehrerversicherung, erläuterte den anwesenden Mitgliedern die Geschäftsentwicklung des Jahres 2014. So freut sich der Branchenversicherer über kontinuierlich steigenden Kundenzahlen – mittlerweile betreuen die Mitarbeiter der Fahrlehrerversicherung rund 79.650 Kunden mit einem Beitragsvolumen von etwa 63 Mio. Euro. „Das klingt viel“, weiß Anft. Doch der überschaubare (voraussichtliche) Jahresüberschuss von etwa 0,4 Mio. Euro zeigt, dass die Fahrlehrerversicherung nur genau das an Beiträgen von den Mitgliedern verlangt, was sie zum gesunden Wirtschaften benötigt. Besonders fünf größere Kfz-Schäden mit einer Regulierungssumme von etwa 4,1 Mio. Euro schlugen 2014 zu Buche.
Klima hob nochmals die Bedeutung des Branchenversicherers hervor und appellierte an die Mitglieder, bei den Kollegen für die Fahrlehrerversicherung zu werben. Im weiteren Verlauf sprach Klima noch zahlreiche Themen an, die die Fahrlehrerschaft bundesweit und in Baden-Württemberg besonders bewegen. Er ging beispielsweise auf die Anstrengungen von Industrie und Politik ein, den Verkauf von umweltfreundlichen Elektro- und Hybridfahrzeugen anzukurbeln. Der hohe Preis dieser Fahrzeuge gekoppelt mit ungenügenden Reichweiten und dem enormen Gewicht der Batterie seien aber ein Verkaufshemmnis. „Nun haben in jüngster Zeit Politik und Automobilindustrie die Fahrschulen als Multiplikatoren entdeckt“, sagte Klima. „Die Argumentation, wer in der Fahrschule auf einem modernen E-Fahrzeug ausgebildet werde, sei anschließend eher bereit, ein solches zu kaufen, ist grundsätzlich richtig“, erklärte der Vorsitzende weiter. Aber wie sollten Fahrschulen Jugendliche und Eltern von einer Ausbildung auf einem Automatikfahrzeug überzeugen, wenn am Ende der Ausbildung der Automatikvermerk im Führerschein steht? „Deshalb sollten meiner Ansicht nach Politik und Industrie – statt aufwändiger Modellversuche – sich lieber gemeinsam und mit aller Dringlichkeit bei der EU für den baldigen Wegfall der anachronistischen Automatikbeschränkung einsetzen“, fordert Klima. In diesem Zusammenhang wies er auf das derzeit laufenden „Automatikprojekt“ bei der Deutschen Fahrlehrer-Akademie hin, das bessere Argumente liefern will, um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen.
Blick auf das "Reförmchen"
Außerdem ging Klima auf die Reform des Fahrlehrergesetzes – vielmehr das „Reförmchen“, wie er es nennt – ein. „Wir wollen, dass unser Beruf ein anerkannter Lehrberuf wird“, forderte Klima. Wenn das wegen des Einstiegsalters nicht ginge, dann wenigstens durch eine deutliche Intensivierung und Verbesserung der Ausbildung. Dafür sei es auf jeden Fall notwendig, das Lehren als zentrale Aufgabe und Kompetenz zum Schwerpunkt der Fahrlehrerausbildung zu erheben. Klima erläuterte erste Überlegungen, die in diesem Zusammenhang bekannt wurden: Zugangsvoraussetzung solle künftig die Fachhochschulreife oder alternativ ein mittlerer Bildungsabschluss und eine abgeschlossene Berufsausbildung sein. Außerdem solle die fahrpraktische Prüfung vor Beginn der Ausbildung bestanden worden sein und auf einen obligatorischen Berufseignungstest verzichtet werden. Die Ausbildungsdauer solle um ein paar Wochen – die Rede sei von zwölf, eventuell 16 Monaten – verlängert werden. „Auch mit weiteren Vorstellungen wie der Einführung eines mehrwöchigen Vorpraktikums und die Verschiebung der Schwerpunkte im Lehrplan – mehr Pädagogik und Didaktik, weniger Recht und Technik – verdient das Papier die Bezeichnung ,Reform‘ nicht wirklich“, betonte Klima.
In internen Teil kündigte der Vorsitzende die Abstimmung über eine tiefgreifende Neustrukturierung des Beitragssystems des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg in der Mitgliederversammlung im Jahr 2016 an. Die Altersstruktur des Verbandes und der Wunsch, den Verband auch für angestellte Fahrlehrer attraktiver zu machen, lasse diesen Schritt notwendig werden. Zur Diskussion sollen neue Beitragsklassen, die zwischen Inhabern, Angestellten, nicht mehr tätigen Fahrlehrern sowie Ehrenmitgliedern unterscheiden, stehen. Außerdem seien Staffeltarife vorstellbar: Familien oder Fahrschulen, bei denen mehrere Mitglieder im Verband sind, müssten so weniger bezahlen. Weiter wolle der Verband die Schnuppermitgliedschaft für Fahrlehreranwärter auf ein Jahr ausweiten. Außerdem soll über die Wieder-Integration der Fachzeitschrift „Fahrschule“ in den Verbandsbeitrag abgestimmt werden.
Weiter stand der 2. Vorsitzende Ralf Nicolai zur Wahl. Die Mitglieder bestätigten ihn ohne Gegenstimme für weitere vier Jahre in seinem Amt.
Am Ende der Mitgliederversammlung erteilte Klima den Mitgliedern das Wort. Themen wie die Überwachung der Fahrschulen durch den Treuhandverein, die Nutzung der Fahrerkarte außerhalb von Ausbildungsfahrten und der Einsatz von Assistenzsystemen in der praktischen Prüfung sorgten für Diskussionen in Pforzheim. Neben den Vorständen und Experten aus dem Publikum standen Marcellus Kaup von der TÜV SÜD Auto Service GmbH und Dr. Thomas Kirschner vom Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg den Fahrlehrern auf dem Podium Rede und Antwort.
Nach ausreichend Zeit zur Diskussion in großer Runde gingen die Fachgespräche im kleinen Kreis auf der After-Work-Party der Baden-Württemberger weiter. Bei deftigen Leckereien, Tanzmusik und einem Gläschen Bier klang die 65. Mitgliederversammlung des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg zünftig aus.
(cm)