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Ohne Fahrschulen geht es nicht

26.05.2017 10:28 Uhr
Der nordrheinische Verbandsvorstand um Kurt Bartels (Mitte) hatte gute Nachrichten: Die Anzahl der Mitglieder blieb im Vergleich zum Vorjahr gleich, Verluste konnten aufgefangen werden
© Foto: Ulrich Lieber

Die Fahrlehrer hätten ein turbulentes Jahr hinter sich und mindestens noch ein turbulentes vor sich, sagte Kurt Bartels bei der Mitgliederversammlung des Fahrlehrerverbands Nordrhein, die am 13. Mai in Köln stattfand.

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Kurt Bartels, der Vorsitzende des nordrheinischen Fahrlehrerverbands, zeigte sich zu Beginn des Verbandstages im Kristallsaal auf dem Kölner Messegelände zunächst begeistert von der Resonanz. Knapp 400 Anmeldungen habe es gegeben. „Vielen Dank, dass Sie uns durch Ihre Präsenz den Rücken stärken“, freute er sich.

Gleich zu Beginn stellte Dieter Kettenbach vom Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalens seinen „Bericht aus Düsseldorf“ vor. In seiner Unfallstatistik zeigte er auf, dass NRW das Flächenland mit den wenigsten Todesopfern bei Verkehrsunfällen ist. Besonders positiv wertete er, dass die Zahl der jungen Fahrer, die ums Leben kamen, von 83 auf 78 gesunken ist. „Das ist eigentlich immer die interessanteste Zahl, da sich hier meines Erachtens am besten ablesen lässt, ob unsere Fahrschulausbildung auch weiterhin konstant auf einem sehr guten Niveau liegt.“ Er dankte den Fahrlehrern für deren gute Arbeit.

Politik kritisiert geplante Fahrschulüberwachung

Zum 1. Januar 2018 wird das neue Fahrlehrerrecht in Kraft treten. Kettenbach wertete dies als gutes Zeichen, auch wenn er nicht mit allen Änderungen einverstanden sei. Seine größte Kritik richtet sich gegen die pädagogisch-qualifizierte Fahrschulüberwachung. Jeder Fahrlehrer hätte eine Fahrlehrerprüfung abgelegt, zu der als wesentlicher Bestandteil auch das Fach Pädagogik gezählt habe. „Es scheint aber so zu sein, dass man Sie flächendeckend für zu blöde hält, und Sie daher nicht in der Lage sind, das erlernte und in der Prüfung nachgewiesene Wissen umzusetzen.“ Denn künftig sollen Fahrlehrer alle zwei Jahre überprüft werden, ob der Unterricht den pädagogischen Anforderungen entspricht. Ist das nicht der Fall, steht eine dreitägige Nachschulung oder Hospitation an. Das bedeute für die Fahrlehrer Verdienstausfall, Kosten für die Schulung und eine weitere Überprüfung. Doch so schlecht könne der Unterricht nicht sein, sonst wären die Fahrlehrer ja pleite. Der Ministerialrat zeigte sich verwundert darüber, dass die Bundesvereinigung diese Form der Überwachung begrüße.

Kettenbach ging auch weitere Änderungen ein, die auf der Zielgeraden noch umgesetzt wurden. So sei der Einsatz von freiberuflichen Fahrlehrern nun doch nicht explizit gestrichen worden, dabei seien sich Bund, Länder und Bundesvereinigung absolut einig gewesen, diese Beschäftigungsverhältnisse klar auszuschließen. Ebenfalls kurzfristig seien die gewünschten Änderungen für die Regelung der Arbeitszeit wieder zurückgenommen worden. So bleibt es bei der täglichen Gesamtdauer des praktischen Fahrunterrichtes von maximal 495 Minuten. „Ich weiß allerdings nicht, wie der Nachweis in geeigneter Form stattfinden soll, denn die Tagesnachweise sind nicht mehr vorgeschrieben.“

Andrang auf Hocharabisch als Prüfungssprache

Zum Abschluss beschäftigte sich Kettenbach mit den Ausländerangelegenheiten, speziell mit der Sprache Hocharabisch. Vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. März 2017 habe es bereits 44.255 Prüfungen gegeben, davon 11.122 in Nordrhein-Westfalen. „Mit einem solchen Andrang hätte ich absolut nicht gerechnet.“ Allerdings stelle sich für ihn die Frage nach der Wissensvermittlung im Unterricht, wenn die Fahrschüler kaum Deutsch sprechen könnten. Kritisch sieht er auch die Umschreibung von Führerscheinen der Flüchtlinge, denn oft seien die vorgelegten Dokumente bereits abgelaufen. Mit der Einführung einer Dreijahresfrist soll die Möglichkeit gegeben werden, von einer vollen Fahrausbildung nach Fristablauf abzusehen, wenn zwischen Fristablauf des ausländischen Führerscheins und dem Antrag auf Umschreibung in eine deutsche Fahrerlaubnis insgesamt nicht mehr als drei Jahre verstrichen sind. „Ein Bürger aus einem Drittstaat mit abgelaufenem Führerschein kann demjenigen mit gültigem Führerschein gleich gestellt werden. Diese Regelung nur für Flüchtlinge einzuführen – quasi eine Lex Syrien –, wäre in der Umsetzung und Prüfung meines Erachtens auch ungerecht gewesen“, erklärte Kettenbach. In vielen Fällen sei es aber sicher sinnvoll, alternativ eine Ersterteilung der deutschen Fahrerlaubnis anzustreben.

Kurt Bartels nahm dazu Stellung und redete Klartext: Nicht selten seien mehr als 20 Fahrstunden notwendig, sagte er. Da sei oftmals mehr Ausbildung notwendig, als bei jedem normalen Fahrschüler, der aus unserer gewohnten Umgebung kommt. Noch weitere Erleichterungen seien „sehr bedenklich“. Bartels hielt es für ein „Unding“, dass die Ämter den Flüchtlingen bescheinigen: „keine Ausbildung nötig.“ Er appellierte an Kettenbach, für eine andere „Sprachregelung“ zu sorgen. Mindestens müsse gesagt werden: „Sie müssen sich in einer Fahrschule vorbereiten.“ Denn ohne Fahrschulen gehe es nicht. „Die Fahrlehrer liegen nämlich in der Verantwortung, und die haben gerade den Schwarzen Peter, sich mit denen auseinander zu setzen, die sagen: Ich will nur Prüfung machen.“ Darum wünschte sich Bartels die volle Unterstützung des Ministerialrates. „Bitte schützen Sie die Fahrschulen.“

Gesetzgeber muss Klarheit schaffen

Gerhard von Bressensdorf nahm zu Beginn seines Vortrags Stellung zur Fahrlehrerrechtsreform, an der seit fünf Jahren gearbeitet werde. In vielen Dingen sei es nicht mehr das, was sich die Bundesvereinigung gewünscht habe. „Ich war so stolz auf Bund und Länder, dass sie endlich Klarheit schaffen wollten in Sachen freiberufliche Mitarbeiter.“ Es habe eine wunderbare Lösung gegeben, „und die hat die hohe Politik kaputtgemacht“. Nun sei es nicht klar geregelt worden, auch nicht, wie der Vertrag zu gestalten sei. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, hier endlich absolute Klarheit zu schaffen, gab er Kettenbach mit auf den Weg.

Der Bundesvorsitzende ging auf die neue Fahrlehrerausbildung ein, die künftig mindestens 1541 Stunden dauern soll und damit rund 30 Prozent länger ist. Diese Verlängerung begrüßt von Bressensdorf, auch wenn der Wunschtraum eigentlich 24 Monate sei, aber das sei nicht möglich gewesen. „Denn eines wollte ich nicht, dass unser Beruf überhaupt keinen Nachwuchs mehr bekommt.“ Ein sprunghafter Anstieg von zehn auf 24 Monate Ausbildung hätte bedeutet, dass es 14 Monate keine neuen Fahrlehrer geben würde. Darum sei ein gestuftes Konzept sinnvoll.

Was Gerhard von Bressensdorf die „Zornesröte“ ins Gesicht getrieben hat, ist die Überprüfung der körperlichen und geistigen Eignung eines Fahrlehrers alle fünf Jahre. Den CE braucht er nicht mehr, jetzt muss der Fahrlehrer aber alle fünf Jahre auf der Basis dessen, was für einen CE-Fahrer gefordert wird, nachweisen, dass er körperlich und geistig geeignet ist. Warum die Zahl der Zweigstellen künftig auf zehn begrenzt wird (vorher drei) kann der Bundesvorsitzende nicht nachvollziehen. „Man hätte genauso gut sagen können: 100.“

„Wir wollen Ihre Zukunft sichern“

Die Kritik von Ministerialrat Dieter Kettenbach an der pädagogischen Überwachung empfand von Bressensdorf als „schallende Ohrfeige“. Die Bundesvereinigung wolle eine Zukunftssicherung des Fahrlehrerberufs. Es gelte zu verhindern, dass Fahrlehrer beispielsweise einem Syrer den Fragebogen in die Hand drücken und sagen, er soll zu Hause lernen. „Wir wollten, dass stichprobenartig überprüft wird. Wir wollten eine theoretische Überwachung haben, denn wir haben es dick, dass Kleiderhaken gezählt werden“, echauffierte sich von Bressensdorf. Die Überwachung sei auch als Konkurrenzschutz gedacht, um eine einheitliche Behandlung aller Fahrschulen zu erreichen und auch die schwarzen Schafe zu erwischen. „Die, die rechtschaffen arbeiten, müssen geschützt werden“, untermauerte der Bundesvorsitzende seine Aussagen. „Wer glaubt, dass Überwachung nicht notwendig ist, der hat nicht erkannt, was wir mit Überwachung wollen: Wir wollen Ihre Zukunft sichern.“

Die Zukunft des Berufsstandes hat für von Bressensdorf oberste Priorität, und darum nahm er die Kollegen mit auf eine kleine Zeitreise: Beim automatisierten Fahren seien noch sieben große Hürden zu bewältigen - und die erste Hürde sei bereits der Mensch, denn der müsse die technischen Neuerungen akzeptieren. „Wir wissen aus der Untersuchung, dass viele überhaupt nicht mehr die Assistenzsysteme einschalten“, sagte er. Die größte Sorge sei die Sorge vor Fehlreaktionen. „Das könnten wir Fahrlehrer schulen“, regte er an, aber dazu benötige man eine Berechtigung. Die Raum- und Verkehrsplaner befürchteten sogar eine Verkehrsmehrung, wenn das Auto autonom hin und her geschickt werde. Auch die Gefahr der Hackerangriffe sei nicht zu unterschätzen, wie gerade aktuelle Beispiele in den Krankenhäusern zeigten. Letztlich sei alles in Bewegung, die Welt ändere sich dramatisch, aber es sei alles noch nicht richtig ausgegoren.  

„Wir wollen die Kollegen mitnehmen in die sich rasch verändernden Aufgabenstellungen der Fahrlehrer“, sagte von Bressensdorf zum Abschluss. „Fahrerassistenzsysteme müssen in Zukunft zum Ausbildungs- und Prüfungsprogramm gehören.“

TÜV: Problem Täuschungsversuche

Für die Technischen Überwachungsvereine berichtete Bernd Rimpl über eine gestiegene Anzahl an Prüfungen. Warum das so sei, könne er auch nicht erklären. Das begleitete Fahren ab 17 Jahren sei rückläufig, das gelte für alle Bundesländer. Er ging auch auf die Prüfungen in Hocharabisch ein und bestätigte die Zahlen von Dieter Kettenbach. Der Anteil an den Gesamtprüfungen liege mittlerweile bei sieben Prozent. Zu einem großen Problem haben sich die Täuschungsversuche entwickelt. „Wir erwarten hier ein konsequentes Vorgehen von den Fahrerlaubnisbehörden.“ Vermutlich werde aber nur die Spitze des Eisberges erwischt.

Die aktuellen Modelle der Audi AG hatte Bernd Nentwig sowohl visuell als auch teilweise real mitgebracht, denn einige Fahrzeuge waren im Rahmen der Ausstellung zu bewundern. Der Q2 eigne sich besonders als Fahrschulauto. „Das Feedback zum Q2 ist bisher sehr gut“, sagte Nentwig, auch der Q5 sei hier sehr beliebt. Nach wie vor beteilige sich Audi auch an der Handicap-Ausbildung der Fahrschulen, für die es vom Automobilhersteller 2000 Euro Zuschuss gibt.

Auf eine Erfolgsgeschichte blickte Stefan Kottwitz von der Fahrlehrerversicherung zurück, die seit nunmehr 65 Jahre bestehe. Mit 338.000 Verträgen sei der Bestand stabil, die Beiträge dabei leicht gestiegen. Die Fahrlehrerversicherung verfüge über einen moderaten Jahresüberschuss in Höhe von 700.000 Euro, der in die Rücklage fließe. Seit Oktober gibt es online ein Kundenportal, das sehr gut angenommen werde. Innerhalb des ersten halben Jahres seien bereits 5000 Fahrlehrer dort registriert.

Bartels: „Der Drops ist gelutscht“

Im internen Teil ging Kurt Bartels zu Beginn auf die Mitgliederentwicklung seines Fahrlehrerverbandes ein: „Wir haben eine Situation, die wir sehr erfreulich finden. Die Mitgliederanzahl ist mit 1437 komplett gleich geblieben.“ 45 Kollegen seien aus den verschiedensten Gründen nicht mehr im Verband, aber dafür habe es 45 Neumitglieder gegeben, die diesen Verlust zu 100 Prozent ausgeglichen hätten. Was ihn besonders freue, sei die Tatsache, dass 19 Neumitglieder aus dem Bereich der angestellten Fahrlehrer gekommen sind. Bartels bat weiterhin um Unterstützung in der Mitgliederwerbung, denn angesichts sinkender Fahrschulzahlen und aufgrund des demografischen Wandels sei nicht unbedingt davon auszugehen, dass die Mitgliederzahl auch im nächsten Jahr so konstant bleibt.

Der Trend gehe hin zu größeren Fahrschuleinheiten, zudem geben viele ältere Fahrschulen ihren Betrieb auf. Ein Trend, der bundesweit zu verzeichnen sei. Die Zahl der 18-Jährigen pro Betriebsstelle sei ebenfalls sinkend, gleichzeitig seien die Fahrschulen aber dennoch gut besucht. Das liege auch an der Ausbildung der Flüchtlinge, die mittlerweile einen größeren Anteil ausmachten und damit für eine leichte Kompensierung in den Fahrschulen sorgten. „Die wirtschaftliche Situation ist alles in allem im Moment nicht schlecht“, freute sich Kurt Bartels.

Zum 1. Januar 2018 wird das neue Fahrlehrerrecht eingeführt. Bartels bemängelte die gesunkenen Eingangsvoraussetzungen für den Beruf, denn das ist „für meine Begriffe vollkommen widersinnig“. Auf der einen Seite würden hochpädagogisch qualifizierte Menschen gefordert, auf der anderen Seite würden Basisdinge einfach weggenommen. „Aber der Drops ist gelutscht“, bedauerte der Vorsitzende.

Was aber noch nicht geschrieben sei, seien die Verordnungen. „Das Fahrlehrerrecht wird ja durch die Verordnungen mit Leben gefüllt.“ Da seien noch ein paar Stellschrauben, die in gewisser Weise beeinflusst werden könnten, und daran werde der Bundesvorstand arbeiten. Zum Ende des Jahres sollen deshalb alle Fahrlehrer noch einmal über den endgültigen Stand informiert werden.

Maßvolle pädagogisch qualifizierte Überwachung

Zum Thema pädagogische Überwachung wies Bartels darauf hin, dass die Bundesvereinigung eine Gleichmäßigkeit im Bundesgebiet erreichen möchte, denn es könne nicht sein, dass in einigen Bundesländern gar nicht und in anderen übermäßig überwacht werde. „Ja, wir wollen auch hier in Nordrhein-Westfalen eine pädagogisch qualifizierte Überwachung, aber sie soll maßvoll sein.“ 

Über das Thema „automatisiertes Fahren“ müssten sich die Fahrlehrer ebenfalls intensiv austauschen, da hier viele neue Dinge zu beachten seien. Letztlich gehe es darum, wie alles in den Fahrunterricht eingebaut werden kann. „Alles das, was für unseren Berufsstand ab 2018 wichtig wird, hat den Umfang einer Dreitagesfortbildung.“ Darum gebe es im Herbst eine Serie von dreitägigen Fortbildungsveranstaltungen in allen Bezirken, um die Fahrlehrer auf die Belange der Zukunft vorzubereiten.

(lie)


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