„Es wird manchmal gemutmaßt, dass die klassische Fahrausbildung dank Digitalisierung und neuer technischer Möglichkeiten in Zukunft nicht mehr nötig sein wird. Ich bin überzeugt, dass genau das Gegenteil der Fall ist – dass sie umso nötiger wird, je mehr die Digitalisierung voranschreitet, schon allein, um mit diesen neuen Herausforderungen und Technologien umgehen zu können“, sagte Dorothee Bär den Teilnehmern der Mitgliederversammlung des Landesverbands Bayerischer Fahrlehrer. Der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur liegt das Thema Verkehrssicherheit generell sehr am Herzen – nicht umsonst hat sie sich gezielt um diesen Verantwortungsbereich bemüht. „Zuletzt sind die Unfallzahlen wieder gestiegen und das hat viel mit neuen technologischen Möglichkeiten zu tun, mit der zunehmenden Fremdbeschäftigung während des Fahrens“, erklärte Bär und lobte in diesem Zusammenhang die Arbeit der Fahrlehrer: „Die Fahrausbildung ist eine der wenigen Situationen unserer Gesellschaft, in der eine ungemein heterogene Gruppe zusammenkommt. Alle gleichermaßen zu motivieren, ist eine große, große Aufgabe.“
Den Grundstein legen
Um diese zu erfüllen, bedarf es allerdings der entsprechenden Rahmenbedingungen. Ein wesentlicher Baustein wird in diesem Zusammenhang die Reform des Fahrlehrerrechts sein. Den aktuellen Zwischenstand stellte Bär in ihrem Vortrag vor. Bereits am Vortag, bei der in Bayern üblichen Diskussionsveranstaltung sorgte das Thema für zahlreiche Wortmeldungen. Besonders im Fokus standen dabei die Dauer der Fahrlehrerausbildung und die Diskussion um eine Abschaffung der Fahrerlaubnisklassen A und CE als Zugangsvoraussetzung für den Beruf.
„Was aktuell beispielsweise in der Ausbildung fehlt, ist die Vermittlung didaktischer Fähigkeiten. Unter anderem deshalb brauchen wir eine Verlängerung der Fahrlehrerausbildung. Die zwölf Monate, die aktuell zur Debatte stehen, werden nicht ausreichen“, erwiderte etwa Dr. Walter Weißmann, bayerischer Verbandsvorsitzender, auf Bärs Vortrag. Die Frage nach den Zugangsvoraussetzungen griff anschließend BVF-Vorsitzender Gerhard von Bressensdorf auf: „Als Besitzerin eines Führerscheins für Leichtkrafträder müsste Frau Bär wissen, dass sie von Pkw-Fahrern unwahrscheinlich leicht übersehen wird, das hat sie gemerkt, als sie Motorrad gefahren ist, nicht im Auto. Deswegen fordern wir, dass ein Fahrlehrer am eigenen Leib erlebt haben muss, was er später vermitteln soll. Dass er weiß, was es heißt mit einem 40-Tonner von einem Pkw ausgebremst zu werden und diese geballte Kraft in der Spur zu halten. Diese Dinge kann man nicht theoretisch erlernen.“
Fit für die Zukunft
Um den Ausbildungsauftrag eines Fahrlehrers bestmöglich ausüben zu können bedarf es neben einer soliden Ausbildung aber auch den nötigen Handlungsspielraum in der Praxis – etwa beim Thema Elektromobilität, das laut Staatssekretärin Bär durch diverse Maßnahmen weiter gefördert werden soll: „Neben Steuerbefreiungen wollen wir auch die entsprechende Infrastruktur schaffen. Bis 2017 sollen beispielsweise 400 Elektroschnellladesäulen an Autobahnraststätten gebaut werden.“ Was politisch also langsam aber sicher in die Hand genommen wird, lässt sich in der Fahrausbildung aktuell noch nicht in der Breite umsetzen. „Die Fahrlehrerschaft ist in puncto Elektromobilität grundsätzlich offen“, betonte Weißmann. „Wir haben allerdings zwei Probleme: Zum einen sind Elektrofahrzeuge sehr teuer und für die Fahrausbildung vielen nur schwer erschwinglich. Der zweite Aspekt heißt Automatikregelung. Wer auf einem Elektrofahrzeug geprüft wurde, darf hinterher keine Schaltfahrzeuge fahren. Die Automatikregelung gilt es deshalb abzuschaffen.“
Um den Fahrlehrern abseits eines Fahrzeugkaufs, Erfahrungen mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zu ermöglichen, stellte BMW als Hauptsponsor der Mitgliederversammlung unter anderem einen elektrisch betriebenen BMW i3 für Probefahrten zur Verfügung. „Ich bin fest überzeugt, dass sich das Fahrzeug hervorragend eignet, den Fahrschülern die Angst vor neuen Antriebskonzepten zu nehmen“, sagte Dieter Müller, Fahrschulansprechpartner von BMW. „Ob Antriebe oder Assistenzsystem – für uns ist sicher: Wir brauchen Sie, die Fahrlehrer, um den künftigen Fahrern neue Technologien näher zu bringen.“
Geprüft und für gut befunden
Eine neue Technologie oder zumindest ein neues Werkzeug soll künftig auch die praktische Fahrerlaubnisprüfung optimieren. Den bayerischen Fahrlehrern stellte Gerhard von Bressensdorf umfassend die Vorteile des elektronischen Prüfprotokolls vor. Die Bewertung anhand von festgelegten Fahraufgaben und Beobachtungskategorien soll die Prüfung transparenter gestalten. „Die Entscheidung, ob die Prüfung bestanden wurde, trifft aber weiterhin der Prüfer, nicht die Technik“ – das war von Bressensdorf wichtig, festzuhalten.
Neues in Sachen Fahrerlaubnisprüfung präsentierte auf der Mitgliederversammlung auch Horst Schneider, Aufsichtsratsvorsitzender TÜV Süd: „Wir werden in diesem Jahr beispielsweise unser Online-Anmeldesystem, das sich bislang schon bei der theoretischen Prüfung bewährt hat, auch auf die praktischen Prüfungen ausdehnen. Das ist auch ein Beispiel, wie eng und konstruktiv die Zusammenarbeit zwischen Fahrlehrerschaft und Prüforganisation ist.“
Beruf mit Verantwortung
Auf gute Zusammenarbeit sind die Fahrlehrer oft auch im Rahmen der klassischen Fahrausbildung angewiesen. Denn auch dort gilt es immer wieder neue Hürden zu überwinden, etwa die Suche nach Prüfplätzen für Motorrad und Lkw – ein Thema, das neben der Fahrlehrerrechtsreform bereits in der Diskussionsrunde am Vortag lebhaft besprochen wurde. Oftmals ist bei solchen Belangen die Unterstützung der Politik gefragt. Stellvertretend für seine Zunft nahm Wilhelm Wenning, Regierungspräsident der Regierung Oberfranken, an der bayerischen Mitgliedsversammlung teil. „Den Fahrlehrern kommt eine ganz wichtige pädagogische Aufgabe zu. Mobilität ist schließlich ein gesellschaftliches Grundbedürfnis und Fahrlehrer sind diejenigen, die bei den künftigen Fahrern das Bewusstsein für die Risiken des Straßenverkehrs und für verantwortungsbewusstes Fahren schaffen.“
Diese große Verantwortung verdient es, honoriert zu werden. Der Landesverband Bayerischer Fahrlehrer tut das, indem er bei jeder Mitgliedsversammlung die besten Absolventen der Fahrlehrerprüfungen des Vorjahres ehrt. 2014 erzielten Silvia Promberger aus Henau, Sebastian Trathnigg aus München und Janine Bartholomäs aus Bad Neustadt an der Saale die drei Spitzenergebnisse
Interner Teil
Mit guten Ergebnissen für das Geschäftsjahr 2014 konnte im internen Teil der Mitgliederversammlung auch Rolf Schrade, Vorstandsmitglied der Fahrlehrerversicherung, aufwarten. Die Zahl der Kunden stieg auf rund 79.650 an. Der Jahresüberschuss liegt dabei voraussichtlich nicht höher als 0,4 Millionen Euro. Die Höhe der Beiträge bemisst sich also recht genau am tatsächlichen Bedarf für die Regulierung der Beiträge und sonstigen Aufwendungen wie Steuerzahlungen.
Einen leichten Rückgang verzeichnete hingegen der Landesverband Bayerischer Fahrlehrer bei seinen Mitgliedern. Deren Zahl sank von 2.441 im Jahr 2013 auf 2.436 im Jahr 2014. „Positiv hervorzuheben ist allerdings, dass wir mehr Aufnahmen als Kündigungen verzeichnen konnten“, so Weißmann. Die Kündigungen waren darüber hinaus zu über 90 Prozent durch Alter, Umzug, finanzielle Schwierigkeiten, Berufs- oder Geschäftsaufgabe begründet. Unzufriedenheit war in den wenigsten Fällen ausschlaggebend.
Neben der Entwicklung der Mitgliederzahlen berichtete der erste Vorsitzende über die vielfältigen Aktivitäten des Verbands im abgelaufenen Geschäftsjahr. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit ist die neue Verbandswebsite besonders erwähnenswert. Weißmann stellte das neue Design vor, in dem Informationen und Pressemitteilungen rund um die Fahrausbildung übersichtlich aufbereitet sind. Verbandsmitglieder können zudem auf einen internen Bereich zugreifen.
Schon einige Jahre bewährt hat sich die Kooperation der Verbands mit Minerva KundenRechte. Seit Oktober 2012 haben Mitglieder die Möglichkeit, von den Versicherungsexperten prüfen zu lassen, ob sich ein Wechsel des Vertrags bei gleichbleibenden oder verbesserten Konditionen finanziell auszahlen könnte. Das Ergebnis: Im Durchschnitt konnten die Fahrlehrer rund 2.940 Euro jährlich sparen.
(se)