Mit schöner Regelmäßigkeit fühlen sich irgendwelche Menschen berufen, völlig sinnfreie „Fahrschulpreisvergleiche" zu veröffentlichen und angeblich teure Fahrschulen als Abzocker anzuprangern.
Und sofort ist da dieser Impuls zu erklären, dass diese Fahrschulen nicht teuer sind, sondern die Preise nehmen müssen, um überhaupt wirtschaftlich arbeiten zu können. Man kann das prima veranschaulichen, auch mit schönen Grafiken. Und man kann erklären, dass ein Großteil der Billig-Fahrlehrer keine Altersvorsorge hat, manche nicht mal eine Krankenversicherung. Allenfalls vielleicht noch einen Lebenspartner, der den Fahrlehrer mit seinem Verdienst über Wasser hält.
Die Frage, die ich mir nach unzähligen dieser mit großer Leidenschaft geführten Diskussionen mittlerweile stelle, ist: Wen interessiert das eigentlich?
Und, ganz ehrlich, wie viele von uns interessiert es, dass Menschen ausgebeutet werden, damit wir unseren Kaffee billig bekommen? Dass der Friseur um die Ecke von den Billig-Haarschnitten seine Angestellten auch nicht ordentlich bezahlen kann? Und dass für Omas Grabstein Kinder in Steinbrüchen kaputt gemacht werden – hey, so ein Grabstein kostet doch eh schon ein Vermögen, wer kann sich da schon leisten, noch was draufzulegen und einen ordentlich produzierten zu kaufen …?
Die Frage ist, ob uns dieses Rechtfertigen der Preise und das Ärgern und Schimpfen über die Billigheimer samt sämtlicher Appelle an deren Vernunft in den vergangenen Jahrzehnten auch nur einen Deut weitergebracht haben.
Macht man sich in Unternehmen wie „Apple" Gedanken, ob angesichts der hohen Unternehmensgewinne die Kunden denken könnten, sie würden beim Kauf eines iPhones „abgezockt"? Rechtfertigt Audi sich für seine im Vergleich zu Billig-Autos hohen Preise und schimpft und ärgert man sich in Ingolstadt über die Preise irgendwelcher Anbieter aus dem unteren Segment? Und erklärt der Türsteher eines teuren Clubs irgendwem, warum der Eintritt bei seinem Unternehmen im Gegensatz zur Kneipe um die Ecke so hoch ist?
Vielleicht sollten wir aufhören, uns dauernd auf die zu konzentrieren, die zu ruinösen Preisen fahren. Und aufhören, uns über Verbraucher zu ärgern, die nicht weiter interessiert, wie der Fahrlehrer finanziell über die Runden kommt. Einfach, weil es nichts bringt.
Vielleicht sollten wir uns stattdessen darauf konzentrieren, einen Weg zu finden, als Fahrschule begehrenswert für Fahrschüler zu sein. Ob das was bringt? Kurzfristig vermutlich nicht. Aber wenn wir uns mit der gleichen Leidenschaft, Intensität und Ausdauer darauf konzentrieren, stehen die Chancen mittelfristig vielleicht gar nicht schlecht.
Sylke Bub, Chefredakteurin der Zeitschrift "Fahrschule"