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Spezieller Prüfmodus für elektrische Parkbremse entwickelt

28.09.2007 15:54 Uhr
Spezieller Prüfmodus für elektrische Parkbremse entwickelt

Immer mehr Pkw sind mit einer elektromechanischen Feststellbremse, auch als elektrische Parkbremse (EPB) bezeichnet, ausgestattet. Werkstattausrüster entwickeln einen speziellen Prüfmodus für die nicht ganz einfach prüfbare EPB.

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Immer mehr Pkw sind mit einer elektromechanischen Feststellbremse, auch als elektrische Parkbremse (EPB) bezeichnet, ausgestattet. Werkstattausrüster entwickeln einen speziellen Prüfmodus für die nicht ganz einfach prüfbare EPB. Waren Hand- oder Fußfeststellbremse geistig wie körperlich so schwer zu bedienen, dass man sie durch elektromechanisch arbeitende und elektronisch gesteuerte Systeme ersetzen musste? Systeme – bewusst gewählter Plural –, die zudem differierende Haupt- und Zusatzfunktionen aufweisen und so Autofahrer und Werkstattprofis gleichermaßen vor Rätsel stellen. Ist das automobiler Fortschritt? Hand- und Fußfeststellbremse waren ebenso einfach zu bedienen wie zu diagnostizieren. Bei ihren elektromechanischen, auch als elektrische Parkbremsen (EPB) bezeichneten Nachfolgern kommt man in beiden Fällen nicht umhin, zuvor die Bedienungsanleitung zu lesen. Ist das automobiler Fortschritt? Einzig erkennbare Vorteile gegenüber konventionellen Feststellbremsen sind Anfahr- sowie Stop-and-go-Assistent, doch beide sind längst auch über das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) darstellbar. Wer also braucht die EPB? Diskussionen über deren Sinn oder Unsinn sind jedoch überflüssig. Rückbau, vergleichbar mit dem zum Facelift erfolgten Rückbau der elektrohydraulischen Betriebsbremse der aktuellen Mercedes-Benz E-Klasse (Sensotronic Brake Control, SBC), ist aufgrund der Vielzahl bereits damit ausgestatteter Fahrzeuge ausgeschlossen. Das sind Audi A4 (neu), A5, A6 und A8, Bentley Continental GT, BMW 7er, Ford Focus C-Max, Mondeo, Galaxy und S-Max, Jaguar S-Type und XJ, Lancia Thesis, Renault Scénic, Grand Scénic, Espace und Vel Satis, Volvo S80 und VW Passat. Dass EPB nicht gleich EPB ist, zeigen beispielhaft Audi A6/A8 und Ford Focus C-Max, die derzeitigen Eckpunkte der Entwicklung. Während es sich bei der EPB des Focus C-Max lediglich um eine elektrifizierte konventionelle Feststellbremse handelt, von deren zentral zwischen den Hinterrädern positioniertem Aktuator Seilzüge zu den Hinterradbremsen führen, hat man bei A6 und A8 die Feststellbremse komplett neu erfunden. Deren EPB-Aktuatoren –Elektromotoren mit mehreren Getriebestufen – sind an den Bremssätteln der hinteren Räder angeflanscht. Zuletzt wirken Spindelantriebe mit Druckmuttern auf die Radbremszylinder. Die EPB von A6 und A8 ist mit anderen Fahrzeugsystemen vernetzt, wodurch sich – im Gegensatz zur EPB des Focus C-Max – verschiedene Zusatzfunktionen realisieren lassen, beispielsweise Anfahrassistent und Belagverschleißerkennung. Die elektrischen Parkbremsen aller anderen Fahrzeuge liegen in technischer Hinsicht dazwischen. Dass es noch doller geht, beweist BMW mit dem 7er. Grundsätzlich eine elektrifizierte konventionelle Parkbremse, bewirkt deren Vernetzung bei stehendem Fahrzeug und Abstellen oder Starten des Motors eine Funktionsübergabe von der Betriebs- auf die Parkbremse bzw. umgekehrt, denn solange der Motor läuft, wird beim Betätigen der EPBTaste über die ESP-Funktion in allen vier Radbremsen Druck aufgebaut. Erst lesen, dann antworten In Werkstätten dürfte sich deshalb künftig dieses Szenario wiederholen: Beanstandet ein Autofahrer die EPB-Funktion, muss der Werkstattprofi anhand der Betriebsanleitung und der Serviceliteratur zunächst klären, ob die Beanstandung rechtens ist oder ob der Autofahrer nur von einem anderen Fahrzeug einen abweichenden Funktionsumfang gewohnt war. Dass bei der Entwicklung der EPB der Service markenübergreifend keine große Rolle spielte, zeigt die Schwierigkeit, solche Systeme fachgerecht zu prüfen, beispielsweise im Rahmen der HU. Auf Platten-Bremsenprüfständen ist dieses Vorhaben von vornherein zum Scheitern verurteilt, was asp im Winter 2002/2003 an einem BMW 7er nachwies. Auch hier war trotz abgestelltem Motor und manuell über den Prüfstand geschobenem Fahrzeug nicht die Park-, sondern die Betriebsbremse aktiv (vgl. Beitrag „Schiebung“ in asp 2/2003, ab Seite 10). Dabei wurde der Vorschlag laut, das Fahrzeug auf dem Platten-Bremsenprüfstand abzustellen, die EPB zu schließen und anschließend durch versuchtes Schieben statt der dynamischen Brems- die statische Haltekraft zu messen. Ein lächerliches Vorhaben, ein Oberklasse-Fahrzeug im Preisrahmen zwischen 50.000 und 100.000 Euro auf diese Weise und womöglich im Beisein des Kunden manuell prüfen zu wollen. Zum grundsätzlichen Vorhaben später mehr, denn die EPB bewirkte und bewirkt Anpassungen der Prüfmethode. Erkennung des Rollen-Prüfstands Zunächst die Zusatzfunktion Prüfstandserkennung, integriert in den EPB-Regelungen von Audi A6, A8 und VW Passat, bei VW „TÜV-Modus“ genannt. Gemeint ist die dosiert statt plötzlich erfolgende Abbremsung der hinteren Räder durch die EPB auf Rollen-Bremsenprüfständen. Die Ausgangssituation (Passat): Das Fahrzeug steht nur mit den hinteren Rädern in den Rollensätzen – bei einem Allrad-Rollen-Bremsenprüfstand funktioniert die Prüfstandserkennung demnach nicht –, die Zündung ist ein- und die Auto-Hold-Funktion ausgeschaltet. Läuft der Prüfstand nun an und dreht mit konstanter Umfangsgeschwindigkeit, die zwischen 2,5 und neun Kilometer pro Stunde liegen kann, erkennt die EPB-Regelung nach mindestens fünf Sekunden den Rollenprüfstand, erkennbar am Aufleuchten der EPB-Fehlerleuchte, und verändert das Schließverhalten. Die Spannkraft wird in vier Stufen, die durch aufeinanderfolgende Betätigung des EPB-Tasters ausgelöst werden, aufgebaut. Die fünfte Tasterbetätigung bewirkt das Lösen der EPB. Beendet wird der TÜV-Modus durch Ausschalten der Zündung, Ausfahren aus den Rollensätzen (erkannte Drehung der Vorderräder) oder Drehen der Hinterräder langsamer als 2,5/schneller als neun Kilometer pro Stunde (vgl. Tabelle Seite 20; die Funktionen der EPB in älteren Fahrzeugen sind vergleichbar ausführlich in asp 12/2004 dargestellt). Bei allen anderen EPB-Fahrzeugen ist keine Prüfstandserkennung integriert. Das bewog BMW – vermutlich im Einklang mit einigen anderen Automobilherstellern –, im Vorfeld des Erscheinens des aktuellen 7er beim Bundesverkehrsministerium eine Änderung der HU-Bremsen-Richtlinie zu bewirken. Seither gilt dieser Wortlaut des Absatzes Gleichmäßigkeit der Bremswirkung – Feststellbremsanlage (Punkt 5.4.5.2): Nun 50 statt 25 Prozent Differenz „Der Unterschied der Bremskräfte darf im oberen Bereich unmittelbar vor der Blockiergrenze nicht mehr als 30 Prozent, bei Fahrzeugen der Klasse M1 ≤ 3,5 Tonnen und Fahrzeugen der Klasse N1 50 Prozent (statt zuvor 25 Prozent; Anm. d. Red.), bezogen auf den jeweils höheren Wert, betragen. Beim Ablesen der Messwerte darf kein Rad der geprüften Achse blockieren ... .“ Diesen letzten Satz hätte man zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls überarbeiten sollen, denn er behindert nun das Vorhaben der Werkstattausrüster, die EPB-Prüfmethode zu verändern. Analog zur damals vorgeschlagenen, jedoch in der Praxis undurchführbaren Methode der EPB-Prüfung des auf dem Platten-Bremsenprüfstand abgestellten Fahrzeugs, will man diese grundsätzliche Vorgehensweise auf einen Rollen-Bremsenprüfstand projizieren und automatisieren. Konkret: Das Fahrzeug steht abgestellt und mit betätigter EPB in den Rollensätzen. Durch Überarbeitung der Prüfstands-Hard- und Software laufen diese langsam, aber mit vollem Drehmoment an. Zudem ist eine Schlupfüberwachung der Räder integriert. „Der Prüfstand arbeitet mit einem Programm, das bei blockierten Rädern die Kraft an den Rädern langsam steigert. Dreht sich ein Rad oder drehen sich beide Räder, funktioniert die Parkbremse nicht. Patentanmeldung erfolgt Kommt es zum Schlupf zwischen Rollen und Rädern, ist die Bremse in Ordnung“, erklärt Klaus Burger, Gesamtvertriebsleiter bei MAHA Maschinenbau Haldenwangund zugleich Präsident der Verbands der Hersteller und Importeure von Automobil-Service-Ausrüstungen (ASA), das veränderte Prinzip der EPB-Prüfung. Der Werkstattausrüster hat nach eigener Aussage sowohl das neue Prüfprinzip als auch die Änderungen am Rollen-Bremsenprüfstand zum Patent angemeldet. Auf ähnliche Weise arbeiten bereits manche Rollen-Bremsenprüfstande für Nutzfahrzeuge, zumindest in einigen Ländern Europas. Nämlich dort, wo zuvor die Feststellbremsen von Nutzfahrzeugen an schiefen Ebenen, also unter realen Bedingungen, geprüft wurden. Zurück zum letztgenannten Satz der HUBremsen-Richtlinie, wonach „beim Ablesen der Messwerte kein Rad der geprüften Achse blockieren darf “. Richtlinien-Text ändern Genau das geschieht beim veränderten Prinzip der EPB-Prüfung, und zwar mit beiden Rädern, weshalb die Prüfung so nicht durchführbar ist. Zur Erklärung: Bei intakter EPB vermag der Rollen-Bremsenprüfstand nicht, die zuvor durch Schließen der EPB blockierten Räder zu drehen. Sie blockieren somit auch zum Zeitpunkt der (vermutlich automatisierten) Messwert-Ablesung. Eindeutig eine Spitzfindigkeit, denn dieser Satz bezieht sich allein auf die konventionelle Art der Bremsenprüfung. Dabei geht es um die Vermeidung von Kraftspitzen und in der Folge unrealistischen Messwerten, die entstehen, wenn Räder und Rollensätze an der Blockiergrenze von der Haft- zur Gleitreibung übergehen. Dennoch lässt sich dieser Satz nicht wegdiskutieren. Was in der HUBremsen-Richtlinie steht, gilt. Lösung: Einschränkung ergänzen Sowohl MAHA als auch TÜV Süd zeigten sich gegenüber der asp-Redaktion überrascht, als diese den genannten Einwand vorbrachte. Offenbar fand dieser Satz der HU-Bremsen-Richtlinie bisher keine Beachtung. Bei MAHA arbeitet man bereits mit Prototypen des neuen Rollen-Bremsenprüfstands. Johann Meyer, Produktleiter Fahrzeuge bei der TÜV Verkehr und Fahrzeug GmbH, TÜV Süd Gruppe, nahm Kontakt zum Bundesverkehrsministerium auf. Zum Redaktionsschluss dieser asp-Ausgabe lag von dort noch keine Antwort vor. Die einfachste Lösung wäre ein ergänzender Satz mit der Einschränkung, dass diese Vorgabe nicht für die Prüfung von elektrischen Parkbremsen gilt. EPB: Unfug mit Folgen Was bedeutet die zunehmende Verdrängung konventioneller durch elektromechanische Feststellbremsen für Werkstätten und Autohäuser? Nicht nur, dass aus einer zuvor einfachen und eindeutigen Diagnosetätigkeit ohne Not eine exaktes Marken- und Modellreihenwissen erfordernde Prozedur wurde. Zudem muss zur Prüfung der EPB von Fahrzeugen ohne die Zusatzfunktion Prüfstandserkennung ordentlich investiert werden, denn ob die veränderte Prüfmethode so einfach in bestehende Rollen-Bremsenprüfstände integriert werden kann, ist fraglich. Wie so manche Entwicklung der Automobiltechnik ist auch die elektrische Parkbremse die Antwort auf eine Frage, die niemals gestellt wurde. Schon gar nicht vom Aftermarket, für den die EPB unnötigen Mehraufwand mit sich bringt. Aber danach fragen Automobilhersteller, wenn überhaupt, nur zuletzt. Peter Diehl (ASP-Redaktion)
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