Reiner Nuthmann (55) ist sein Nachfolger, der wiederum mit Nico Liebsch als 1. Stellvertreter und Marco Rauchhaupt als 2. Stellvertreter zwei 44-Jährige im Vorstand an seiner Seite weiß.
Meilensteine im Verbandsleben
„Am 4. Mai 2002 begann für mich ein bedeutender Abschnitt in meinem Leben. An diesem Tag wurde ich im Hotel Fürst Leopold in Dessau zum Vorsitzenden des Fahrlehrerverbandes Sachsen-Anhalt gewählt. Heute ist wiederum ein neuer Meilenstein in meinem Leben“, sagte Wolfgang Prescher. Es sei nun die Zeit gekommen, die Führung des Verbandes in jüngere Hände zu legen. Er erinnerte an die Anfänge seiner Arbeit und an die Tatsache, dass er durch die Bildung der neuen Landesregierung gute Voraussetzungen für seine Tätigkeit vorgefunden habe. „Mit dem damaligen Verkehrsminister Dr. Karl-Heinz Daehre hatte ich einen sehr angenehmen Partner, der großes Interesse für die Fahrlehrerschaft zeigte.“ Dieser gute Kontakt sei auch mit dem Nachfolger Thomas Webel fortgeführt worden. Das Ministerium sei immer bemüht gewesen, die guten Verbindungen aufrechtzuerhalten, und die Zusammenarbeit laufe bis heute sehr gut. „Ich war mit einem Landesstellenleiter vor 14 Tagen bei Frau Dr. Hüskens, das ist die neue Ministerin, und sie hat uns eineinhalb Stunden Gehör geschenkt.“
Die gute Zusammenarbeit habe es auch mit allen anderen Partnern gegeben, und es sei immer gelungen, eine sehr solide und kontinuierliche Zusammenarbeit aufzubauen. „Unser Verband hat Gehör bei unseren Partnern. Ich würde mich freuen, wenn der neue Vorstand zielstrebig weiter daran arbeitet“, wünschte sich Prescher. Die wichtigste Aufgabe sei aber, neue und junge Mitglieder für den Verband zu gewinnen. „Nur mit einem starken Verband, sind wir in der Lage, Lobbyarbeit zu leisten.“ Es habe zwar Zuwachs gegeben, aber eben auch viele Austritte. „Was mich beruhigt ist, dass die Kollegen nicht wegen Unzufriedenheit den Verband verlassen haben, sondern aufgrund ihres Alters.“ Die Altersstruktur sei nach wie vor ein Problem. Derzeit seien 165 Mitglieder im Verband, davon über 100 Mitglieder, die bereits das 50. Lebensjahr überschritten hätten.
Sparsamkeit ist Trumpf
Wichtigster Faktor für das Funktionieren der Verbandsarbeit sei der sparsame Umgang mit den finanziellen Mitteln. Jedes Mitglied müsse seiner Pflicht nachkommen und seinen Beitrag leisten. In diesem Zusammenhang drückte Prescher seine Freude darüber aus, dass bereits viele Kollegen für das laufende Jahr überwiesen hätten. „Das finde ich große Klasse. In einer Zeit, in der wir kaum noch Sponsoren haben, die unsere Veranstaltungen materiell unterstützen, ist das wichtig.“ Die großen Automobilhersteller, die sonst im Wechsel Unterstützung geleistet hätten, zahlten nichts mehr. „Null, nada. Das ist natürlich schlecht, denn wir als Fahrlehrer kaufen nach wie vor Volkswagen und auch Audi.“ Er hofft, dass sich in Zukunft vielleicht wieder Sponsoren finden werden, denn Einsparungen seien kaum noch möglich. Das sei nicht nur in Sachsen-Anhalt so, sondern auch in allen anderen Verbänden.
Prescher listete auf, welche Versammlungen und Sitzungen besucht worden sind. In Corona-Zeiten sei dabei natürlich auch viel über die neuen technischen Möglichkeiten gelaufen. „Corona hat uns in der letzten Zeit unsere Arbeit sehr erschwert“, sagte der Vorsitzende. Neue Informationen seien darum über E-Mail so schnell wie möglich und nicht erst über einen Rundbrief verbreitet worden. Wie die Regelungen aktuell gehandhabt werden, werde immer sofort aktuell an die Fahrlehrer weitergeleitet.
Fokus Nachwuchsarbeit
Ganz wichtig sei es, dem Berufsnachwuchs die größtmögliche Aufmerksamkeit zu widmen. Darum dankte er allen Fahrschulen, die ihre Aufgabe ernst nehmen und die Fahrlehrer verantwortungsvoll ausbilden. „Wir brauchen Fahrlehrer. Deshalb sind wir auch daran interessiert, mit dem Landesverwaltungsamt, dort wo der Sitz des Fahrlehrerprüfungsausschusses ist, schnell und unkompliziert zu arbeiten und den kurzen Dienstweg zu nutzen.“ So könnten die Fahrschulen schnell zu neuen Fahrlehrern kommen. In Sachsen-Anhalt sei es dem Verband gelungen, dass der Fahrlehreranwärter mit seiner befristeten Fahrlehrererlaubnis nach bestandener Lehrprobe seine Tätigkeit als Fahrlehrer fortsetzen darf. „Das gibt es nur in Sachsen-Anhalt. Ich verstehe nicht, dass ein Fahrlehreranwärter bisher ausbilden durfte, sogar alleine ausbilden durfte und auf einmal, nachdem er die theoretische Lehrprobe bestanden hat, nicht ausbilden darf. Er ist dann 14 Tage bis drei Wochen ohne Lohn und Brot. Das kann nicht sein und darum haben wir gekämpft.“
Prescher dankte auch dem Bundesvorstand, seinen Stellvertretern, den Mitgliedern und seiner Frau Brigitte, die seit 14 Jahren als „Übergangslösung“ das Büro leite. Sie wollte eigentlich jetzt auch gehen, wurde aber überzeugt, noch bei Ende Mai zu bleiben. „Ich würde mich freuen, wenn wir unsere gemütliche Abendveranstaltung im nächsten Jahr wieder durchführen können. Wenn ich daran teilnehme, dann werde ich – und das verspreche ich – wieder Herzilein singen.“ Dem neuen Vorstand wünschte er viel Glück für die anstehenden Aufgaben. Kassenprüfer Wolfgang Haucke berichtete über eine gute Kassenlage und eine einwandfreie Buchführung und beantragte die Entlastung des Vorstandes.
Lob, Respekt und Dank von allen Seiten
Kurt Bartels, stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, lobte die Arbeit des scheidenden Vorsitzenden. „Lieber Wolfgang, wir haben uns über Jahrzehnte gut verstanden und verstehen uns immer noch sehr gut. Wenn man über Wolfgang redet und über seine 20-jährige Tätigkeit, dann fällt mir ein Wort ein: Verlässlichkeit. Auf Wolfgang kann man sich verlassen“, sagte Kurt Bartels. Er habe die Meinung der Bundesvereinigung immer vertreten und sogar bis ins Ministerium überbracht. Kritik habe er immer sachlich und mit Humor vorgetragen. Bartels zollte der Leistung Preschers großen Respekt und dankte auch Brigitte Prescher, die als kleines Dankeschön einen Blumenstrauß erhielt – gleichzeitig auch zum 45. Hochzeitstag.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende erklärte sich bereit, die anstehenden Wahlen zum neuen Vorstand zu leiten. Doch bevor er in den Wahlgang einstieg, hatte er noch ein paar Themenbereiche, die er den Mitgliedern vorstellen wollte. Bartels sprach die aktuell hohen Spritpreise an, die dafür sorgen, dass die Kosten für die Fahrschulen steigen. Viele Fahrlehrer fragten sich, ob sie nicht eine Spritpreiszulage nehmen könnten. „Nein, geht nicht. Wir haben die AGB. Wir haben uns verpflichtet – und zwar beidseitig verpflichtet, nämlich Fahrlehrer und Fahrschüler – sich entweder ein halbes oder ein Jahr an die vertraglichen Bedingungen zu halten.“ Der dritte Vorsitzende der Bundesvereinigung, Ralf Nicolai, ist Volljurist und prüfe gerade die Möglichkeit, die AGB so zu ändern, dass solche stark begründeten Veränderungen was das Preisgefüge angeht, mit eingearbeitet werden können. „Das muss natürlich dann in beide Richtungen gehen. Denn wenn dann die Preise wieder purzeln, dann müssen wir entsprechend so reagieren, dass das verbraucherfreundlich bleibt. Aber das ist eine hochsensible Angelegenheit, denn hier geht es um Grundrechte und Verbraucherschutz.“ Man werde aber nach Stellschrauben suchen, die allen helfen und sobald es etwas Konkretes gebe, werde darüber sofort informiert.
BVF: Online-Unterricht nicht mit Präsenzunterricht gleichzusetzen
Ein weiteres Thema sei der Bereich Online, denn durch Corona hätten viele gelernt, den Theorieunterricht online zu gestalten. „Wir sind als Bundesvereinigung sehr dafür, dass alle Möglichkeiten des E-Learnings ausgeschöpft werden, wenn sie denn der Verkehrssicherheit dienen.“ Reiner Theorieunterricht online sei aber nicht gleichzusetzen mit dem Präsenzunterricht in den Fahrschulen. Man erlebe gerade in den Schulen, dass sich die jungen Menschen Präsenzunterricht wünschen. „Es ist ein Riesenunterschied, ob ich Präsenzunterricht habe oder am Bildschirm sitze. Das eigentliche, richtige Lernen, das Miteinander, das soziale System Straßenverkehr zu erleben, nicht nur anonym am Bildschirm, sondern dass man in einer Gruppe sitzt und sich austauscht, das müssen wir wirklich fördern. Der Präsenzunterricht ist letztlich nicht ersetzbar.“ Es gebe bundesweit rund 10.000 Fahrschulen, und davon werden rund 80 Prozent von den Verbänden vertreten. „Wir versuchen händeringend Gehör zu finden, dass wir genau diese Meinung, die auch wissenschaftlich begründet ist, in den zukünftigen Gesetzgebungen wiederfinden.“
Bei der Fahrerlaubnisprüfung habe es Riesenprobleme gegeben, gab Kurt Bartels zu. „Der Schrei nach Konkurrenz ist groß. Aber die TÜVs und die Dekra sind alleine beauftragt, das ist kein Monopol. Diese Alleinbeauftragung hat eine zweite juristische Bedingung, nämlich die sogenannte Bedienpflicht“, erklärte Bartels. Deshalb sei Wolfgang Prescher mit der Dekra so erfolgreich gewesen, weil sich die Dekra ihrer Bedienpflicht bewusst sei. Wenn die Alleinbeauftragung falle, dann falle gleichzeitig die Bedienpflicht, und dann könnte es in Flächenländern – wie beispielsweise in Sachsen-Anhalt – zu Problemen kommen, wenn ganz viele prüfen dürften und dann feststellten, dass sich das nicht lohnt. „Dann passiert unter Umständen, dass die fehlende Bedienpflicht dafür sorgt, dass es in ländlichen Bereichen keine Prüfungen mehr gibt. Es ist meine ganz persönliche Meinung: Eine staatliche Menschenprüfung gehört nicht in die freie Wirtschaft.“
Wahl per Akklamation
Nun ging es darum, einen neuen Vorstand zu wählen. Kurt Bartels sammelte die Wahlvorschläge ein. Da wurden Reiner Nuthmann als 1., Nico Liebsch als 2. und Marco Rauchhaupt als 3. Vorsitzender vorgeschlagen. Weitere Vorschläge gab es nicht, so dass die drei per Akklamation gewählt werden konnten – und dies geschah einstimmig. Zu neuen Kassenprüfern wurden Mario Scholz und Marcel Eichler gewählt, sie lösen Wolfgang Haucke und Wilfried Damerau ab.
Fahrlehrer Wolfgang Habenreich hatte eine kleine Laudatio für Wolfgang Prescher vorbereitet. „Ich bin über 19 Jahre Wegbegleiter von Wolfgang gewesen. Er hat für uns gekämpft und immer die Interessen der Fahrlehrer vertreten, auch in der Bundesvereinigung, wo er einen guten Eindruck hinterlassen hat.“ Wolfgang Prescher habe hohes persönliches Engagement eingebracht und auf vieles verzichtet. „Ich danke im Namen aller Fahrlehrer und wünsche dem Nachfolger ein glückliches Händchen.“
„Das ist heute ein historischer Tag. Ich bin das letzte verbliebende Gründungsmitglied. Es hat sich in 20 Jahren so viel verändert, und man war mit jedem Problem bei Wolfang an der richtigen Adresse. Darum beantrage ich, dass Wolfgang unser Ehrenvorsitzender wird“, sagte Fahrlehrer Helmut Engelmann. Die Versammlung schloss sich diesem Vorschlag einstimmig an. „Ich bin ein wenig sprachlos“, zeigte sich Wolfgang Prescher sichtlich gerührt. Bei den Ehrungen wurden Fahrlehrer für 25, 30, 40 und 50 Jahre in ihrem Beruf ausgezeichnet. Der Mitgliedsbeitrag wurde nicht erhöht, obwohl Wolfgang Prescher scherzte: „Ich hatte eigentlich vor, den Mitgliedsbeitrag zum neuen Jahr um 100 Euro pro Mitglied zu erhöhen, vielleicht als Abschiedssrache. Aber das machen wir nicht.“ Trotzdem müsse man sich langfristig über eine Beitragserhöhung Gedanken machen.
Suche nach neuen Räumen fürs Verbandsbüro
Das Schlusswort gehörte dem neuen Vorsitzenden Reiner Nuthmann, der versprach, die gute Arbeit fortzusetzen und neue Impulse einzubringen. „Ich bedanke mich erstmal für das überwältigende Ergebnis. “ Er dankte auch Wolfgang Prescher für 20 Jahre Arbeit als Vorsitzender. Es gehe nun darum, den Übergang möglichst nahtlos zu gestalten. „Ich bin natürlich nicht ganz unvorbereitet an die Sache herangegangen, aber ich habe mich noch ein wenig zurückgehalten.“ Schließlich müsse so eine Wahl erstmal absolviert werden, bevor man in die Arbeit einsteigen könne. „Ich kann mich aus meiner Fahrschule rausziehen, das ist vorbereitet, aber das war nicht so einfach, weil ich mit meiner Fahrschule umziehen musste“, berichtet Nuthmann. Der Zuspruch in der Fahrschule sei derzeit sehr gut, und das erlaube ihm, den Vorsitz zu übernehmen und dem Verband Zeit zu widmen.
„Wer mal in der jetzigen Geschäftsstelle gewesen ist, der wird es wissen, dass sie schon immer Probleme mit Feuchtigkeit hatte. Es riecht muffig, es gibt Schimmel, und der Vermieter schiebt es auf uns. Dass Wolfgang es so lange dort ausgehalten hat, das wundert mich.“ Bei der Suche nach den eigenen neuen Räumlichkeiten habe er darum auf Anraten von Wolfgang Prescher darauf geachtet, dass dort auch ein Büro dabei ist. Darum stehe nun mittelfristig ein Umzug der Geschäftsstelle in das neue Gebäude an.
Vorstand neu aufgestellt und verjüngt
Der Vorstand sei nun komplett neu aufgestellt und verjüngt. „Vor einem Jahr war ich noch der jüngste im Vorstand, jetzt bin ich der älteste. Ich hoffe auf Impulse, die uns nach vorne bringen werden. Wir brauchen aber auch eure Unterstützung“, appellierte Nuthmann an die Fahrlehrer. Als Nahziele nannte er die Überarbeitung der Website und neues Personal, mittelfristig den Umzug und Vorstandssitzungen sowie langfristig die Werbung neuer Mitglieder. Die nächste Versammlung soll nach Möglichkeit um den 18. März 2023 stattfinden.