Zwei Männer laufen durch die weite Steppenlandschaft Afrikas. Hinter einem Felsen bleiben sie wie angewurzelt stehen. Ein Löwe versperrt ihnen grollend den Weg. Langsam bückt sich der Rechte der beiden Männer und holt leise seine Laufschuhe aus der Tasche. „Glaubst du, du bist schneller als ein Löwe?“, fragt der linke ungläubig. „Nein“, antwortet er. „Aber schneller als du.“ Mit diesem Videoausschnitt startete das Unternehmerehepaar Simone und Jochen Stargardt in seinen Vortrag auf der hessischen Mitgliederversammlung und verbildlichte den Fahrlehrern damit sofort die erste Kernbotschaft in Sachen Unternehmenserfolg: „Man muss nicht immer der erste sein. Aber besser als der direkte Konkurrent.“
Das Ziel ist also gesteckt, aber wie setze ich das um? Immer im Hinterkopf behalten sollte ein Unternehmer laut den Stargardts: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ Wer dabei jedoch glaubt, getreu nach dem Gemischtwarenprinzip agieren zu können, liegt falsch. Die Frage muss vielmehr lauten: Was kann ich wirklich gut? Als Erfolgsrezept könnte dann eine Spezialisierung dienen, etwa eine Fahrschule nur für Frauen. Oder man bieten seinen Kunden einen Zusatznutzen: Vielleicht bietet die Fahrschule ohnehin schon Leistungen, die dem Inhaber als selbstverständlich erscheinen, es aber gar nicht sind. Oder man hat eine Idee und traut sich nicht, diese gleich mit Fahrschülern umzusetzen. Hier empfehlen die Stargardts, Mut zu haben und Neues beispielsweise erst an einem kleinen Teil der Kundschaft zu testen.
Spitzenwerte
In Sachen Fahrausbildung beweisen die hessischen Fahrlehrer ohnehin Topform – bei den Bestehensquoten belegten sie 2014 deutschlandweit den Spitzenplatz. „Das ist Ihr Verdienst und zeugt von einer guten Arbeit der Fahrlehrer“, betonte Erwin Blumenauer vom TÜV Hessen.
Auch Kirsten Happe bedankte sich „für die ehrenvolle Arbeit, die die Fahrlehrer täglich für die Sicherheit auf hessischen Straßen leisten.“ Die Regierungsdirektorin im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Hessen (HMWVL) informierte darüber hinaus zum aktuellen Stand der Fahrausbildung und Fahrerlaubnisprüfung von Zweiradklassen auf öffentlichen Straßen. „Nach dem Regelwerk der Fahrerlaubnisverordnung müssen die Grundfahraufgaben möglichst außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs durchgeführt werden, falls notwendig auf verkehrsarmen Straßen und Plätzen.“ In der Vergangenheit gab es in der Praxis dabei jedoch massive Probleme, die auf Anregung des Verbands nun geklärt wurden: „Mein Haus ist der Auffassung, dass Fahrten, bei denen Sie sich an die Vorgaben des Fahrerlaubnisrechts halten, zulässig sind. Eine Sondernutzungserlaubnis halten wir nicht für notwendig – und schon gar nicht können diese Fahrten eine Ordnungswidrigkeit sein“, erklärte Happe und wurde dafür mit lautstarkem Applaus bedacht. Laut der Regierungsdirektorin teilt auch der hessische Innenminister diese Auffassung und hat die Polizeibeamten dahingehend informiert. Fahrlehrer, die bei der Zweirad-Ausbildung nach wie vor Probleme haben, sollen dies melden. Ergänzend zu Happes Vortrag wies Verbandsvorsitzender Toepper darauf hin, dass dieser Sachverhalt auch im Rundschreiben 4-2014 nachgelesen werden kann. Sein Fazit: „Das war eine gute Zusammenarbeit mit dem Ministerium, schnell und gut umgesetzt.“
Zusammen stark
„Zum hessischen Verkehrsministerium haben wir generell ein ganz besonderes Verhältnis“, erläuterte Verbandsvorsitzender Lothar Toepper. „Fahrerlaubnisverordnung, Prüfungsrichtlinie, Fahrschulüberwachung – das sind Themen, die wir direkt und persönlich miteinander verhandeln.“ Kritik richtete Toepper dagegen an das Bundesverkehrsministerium: „Die Vorgehensweise des BMVI, bis März 2015 Stillschweigen über die Vorbereitungen zur Reform des Fahrlehrerrechts zu verhängen, ist völlig unverständlich. Es ist nicht zielführend, den Berufsstand in der Entwicklung der Reform nicht von Anfang an zu beteiligen. Das gilt unter anderem für die Zugangsvoraussetzungen zum Fahrlehrerberuf mit dem geplanten Wegfall der Fahrerlaubnisklassen A und C.“
Neben der guten Zusammenarbeit mit dem HMWVL oder dem TÜV Hessen, läuft auch das Teamwork mit der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) gut. Dies bestätigte Dieter Quentin, zweiter stellvertretender Vorsitzender der BVF: „Ich möchte mich beim Kollegen Toepper und den anderen Vorstandsmitgliedern für die konstruktive Mitarbeit in der Bundesvereinigung bedanken. Die Hessen sind nicht immer sehr bequem – aber das meine ich absolut positiv.“ Darüber hinaus äußerte sich Quentin zu einem Thema, das die Fahrlehrerschaft derzeit bewegt: das elektronische Prüfprotokoll. Dieses soll die praktische Fahrerlaubnisprüfung mittels festgelegter Fahraufgaben und Beobachtungskategorien transparenter gestalten. Die Entscheidung, ob die Prüfung bestanden wurde, trifft dabei weiterhin der Prüfer, nicht die Technik.
Gleiches gilt trotz aller technischen Weiterentwicklung und zahlreicher Assistenzsysteme für moderne Fahrzeuge. Der Fahrer steht in der Verantwortung. Dieter Müller, Fahrschulansprechpartner des Hauptsponsors BMW, betonte entsprechend: „Wir brauchen Lehrer, die die neuen Systeme bekannter machen. Beim Tempomat mit automatischem Bremssystem haben manchmal selbst Vielfahrer Hemmungen, dieses zu nutzen. Wie geht es dann erst Fahrschülern?“ Um die Vorteile neuer Technologien in Sachen Verkehrssicherheit voll ausschöpfen zu können, benötigen die Fahrer das Know-how, wie diese zu bedienen sind – und hier kommen die Fahrlehrer ins Spiel.
Während der Blick der Autohersteller nach vorne geht, berichtete ein weiterer Partner der Fahrlehrerschaft über das vergangene Jahr: Rolf Schrade, Vorstandsmitglied der Fahrlehrerversicherung, konnte steigende Kundenzahlen melden. Rund 79.650 Versicherungsnehmer vertrauten im Geschäftsjahr 2014 der Fahrlehrerversicherung. 2008 waren es noch rund 79.300. Dennoch beträgt der Jahresüberschuss voraussichtlich nicht mehr als 0,4 Millionen Euro. Dies zeigt, dass die Beiträge recht genau auf Höhe des tatsächlichen Bedarfs für die Regulierung der Schäden liegen. „Es ist wichtig, dass wir diese Versicherung pflegen und hegen, dass wir uns bewusst sind, was sie für den Berufsstand leistet“, sagte Verbandsvorsitzender Toepper. „Wenn es der Versicherung irgendwann einmal schlecht geht, wird sich das auch auf uns auswirken.“
Fundament für die Zukunft
Das Thema Zukunftsfähigkeit war außerdem ein zentraler Punkt bei den Themen, die auf der Mitgliederversammlung zur Abstimmung anstanden. So wurde mit nur einer Gegenstimme eine neue Satzung verabschiedet, die den Mitgliedern im Vorfeld zur Ansicht zugeschickt vorlag. Darüber hinaus sprachen sich die anwesenden Verbandsmitglieder für eine Neustrukturierung des Verbandsgebiets aus. Statt wie bisher in 14 Bezirke wird der Verband künftig in fünf Regionen eingeteilt. Damit soll eine höhere Wirtschaftlichkeit erreicht und die Findung von Vorsitzenden vereinfacht werden. Vorübergehend werden die aktuellen Bezirksvorsitzenden als Regionalvorsitzende übernommen, in manchen Regionen teilen sie sich den Posten. 2018 wird der Regionalvorsitz durch Wahlen neu vergeben.
In Sachen „fit für die Zukunft“ war ebenfalls Vorstandsmitglied Frank Dreier unterwegs. Er stellte auf der Mitgliederversammlung eine neue Fortbildungsreihe vor, die er gemeinsam mit einigen Bezirksvorsitzenden entwickelt hat: Das erste von vier Modulen von „Driving School“ befasst sich mit den Fahrschülern, ihren Bedürfnissen und was sie unter modernem Unterricht verstehen. Vorstandsvorsitzender Lothar Toepper begrüßte diesen Ansatz: „Ich finde es schön, dass Frank Dreier und Kollegen die Ärmel hochkrempeln und etwas Neues probieren. Das ist ein gutes Beispiel, dass man Veränderungen zulassen, dass man sie fördern muss.“
(se)