Wie sieht die Fahrausbildung in den Niederlanden aus? Das erfuhr der Vorstand des Fahrlehrerverbandes Nordrhein kürzlich bei einem Erfahrungsaustausch mit einem Fahrlehrerverband und einer Prüforganisation aus dem Nachbarland. „Die Fahrlehrer-Ausbildung in Holland dauert 40 Samstage, dann gibt es eine kleine Prüfung und dann ist man Fahrlehrer“, berichtete Vorsitzender Kurt Bartels auf der Mitgliederversammlung des Fahrlehrerverbands Nordrhein. Überhaupt sehe die Fahrausbildung und Fahrlehrer-Ausbildung nebenan ganz anders aus. „Es gibt kaum Theorieunterricht, denn der ist in den Niederlanden nicht vorgeschrieben“, so Bartels. „Und die Nichtbestehensqoten bei der Fahrerlaubnisprüfung liegen bei 60 bis 80 Prozent.“ Auch die Fahrschulen seien komplett unterschiedlich strukturiert: „Es gibt Fahrschulen mit 200 Fahrlehrern und welche, die nur drei bis vier Fahrschüler pro Jahr ausbilden.“ Alles in allem seien die Nachbarn sehr beeindruckt gewesen von der deutschen Fahrausbildung und Fahrlehrer-Ausbildung.
Anrufe in der Geschäftsstelle
Neben den Aktivitäten des Verbandes im abgelaufenen Geschäftsjahr und den für dieses Jahr bereits geplanten, legte Bartels in seinem Geschäftsbericht einen Schwerpunkt auf den Alltag der Verbandes: „Wir bekommen täglich Nachfragen in der Geschäftsstelle, in denen es um sämtliche Belange rund um den Berufsalltag geht. Dazu sagen wir auch für die Zukunft: Herzlich gerne! Wir helfen sehr gern und wenn wir mal nicht antworten können, dann machen wir uns für Sie schlau.“
1.437 Mitglieder konnten 2014 die Angebote ihres Verbandes nutzen – 2009 gab es noch rund 100 Mitglieder mehr. Die Gründe liegen weit überwiegend im Alter begründet, so Bartels. Die meisten Mitglieder scheiden aus wegen Ruhestand oder Tod. Das Durchschnittsalter der nordrheinischen Verbandsfahrlehrer liegt bei 55,6 Jahren. Der Landesvorsitzende appellierte deshalb eindringlich, aktiv an die Kollegen heranzugehen und sie für die Verbandsmitgliedschaft zu begeistern.
Gesunken ist in den vergangenen Jahren auch die Zahl der Fahrschulbetriebsstellen in Nordrhein – 2007 waren es noch 2062, im vergangenen Jahr fast 250 weniger, nämlich 1825. Bartels forderte vom Gesetzgeber die Schaffung besserer Kooperationsmöglichkeiten. „Und die müssen auch für die vielen kleinen Fahrschulen verbessert werden, nicht nur für die großen! Denn es sind die kleinen Familienbetriebe, die den Großteil der Fahrlehrerschaft stellen!“
Intensives Vorgehen gegen Handynutzung
Ministerialrat Dieter Kettenbach kündigte an, dass die Polizei in NRW künftig noch intensiver gegen die Handynutzung am Steuer vorgehen werde. Sie sehe mit großer Sorge, dass Autofahrer sich zunehmend ablenken lassen. Eine immer größere Rolle spielen dabei die Handys. „Wer mit Tempo 50 den Blick für zwei Sekunden von der Straße abwendet, um zum Beispiel auf das Display zu schauen, fährt fast 30 Meter im Blindflug. Telefonieren am Steuer ohne Freisprechanlage ist genauso gefährlich wie 0,8 Promille Alkohol im Blut. Wer eine SMS schreibt, reagiert wie ein Fahrer mit 1,1 Promille im Blut“, so Kettenbach.
Änderungen bei der Ersten Hilfe
Der Ministerialrat kündigte außerdem Überlegungen zu verpflichtenden Auffrischungen der Erste-Hilfe-Kurse an. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, im Zusammenhang mit der Erneuerung des Führerscheindokuments alle 15 Jahre die Auffrischung vorzuschreiben. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit einer fundierten Schulung in Erster Hilfe und regelmäßigen Wiederholungskursen die Zahl der getöteten Verkehrsteilnehmer weiter reduzieren können.“ Zuerst steht aber noch die Abschaffung der „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ an. Voraussichtlich Ende Juni soll beschlossen werden, dass es künftig einen einheitlichen, neun Unterrichtseinheiten umfassenden Kurs für alle Fahrerlaubnisklassen gibt.
Veränderungen werden auch aus anderen Richtungen auf die Fahrlehrerschaft zukommen, sagte Hartmut Abelen vom TÜV Nord: „Wir sind sehr sicher, dass das automatisierte Fahren künftig eine Ausbildung und Prüfung der Fahrer nicht ersetzen wird. Aber: Es wird sie verändern!“ Das 21. Jahrhundert werde außerdem im Zeichen der alternativen Antriebe und der Pluralisierung von Fahrzeugen stehen, prognostizierte Abelen.
Fragen rund um das elektronische Prüfprotokoll
Eine Veränderung wird es künftig auch bei der praktischen Prüfung geben: In Kürze soll das elektronische Prüfprotokoll an den Start gehen. Das Thema bewegt die Fahrlehrerschaft sehr und häufig werden Fragen gestellt wie: Werden wir damit jetzt überwacht? Wer fällt die Entscheidung – der Prüfer oder der Computer? Was ist, wenn das Gerät während der Prüfung abstürzt? Wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Gehen die Daten an die Aufsichtsbehörde? Können versehentlich gemachte falsche Eingaben noch revidiert werden? Antworten hatte Dieter Quentin, der 2. stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, im Gepäck. Eines war ihm dabei besonders wichtig: „Der Tablet-PC sagt nicht, ob der Prüfling bestanden hat oder nicht. Das entscheidet nur der Prüfer.“
Die Zahlen der Fahrlehrerversicherung legte Vorstandssprecher Andreas Anft den Mitgliedern offen. Er berichtete dabei von gestiegenen Kundenzahlungen und, dadurch bedingt, auch gestiegenen Beitragseinnahmen. Weniger erfreulich waren die im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich gestiegenen Unfallzahlen der Versicherungsnehmer der Fahrlehrerversicherung durch Kollision mit dem Gegenverkehr beim Überholen.
Ein Antrag aus der Mitgliederschaft lag zum Ende der Versammlung noch vor: Der ehemalige erste Vorsitzende Arnold Wymar und seine beiden damaligen Stellvertreter Jos Tomann und Gerd Britten sollten zu Ehrenmitgliedern ernannt werden. Diesem Antrag gaben die Teilnehmer ohne Gegenstimme statt.
(bub)