Zum Abschluss der Versammlung wurde Friedel Thiele einstimmig zum Ehrenvorsitzenden gewählt, und die Beifallsbekundungen genoss der langjährige Vorsitzende, der sein Amt mit Engagement und Leidenschaft ausgefüllt hat. Aus gesundheitlichen Gründen zog er nun die Notbremse und zudem ein positives Fazit: „Ich habe den drittgrößten Fahrlehrerverband gerne geführt. Es war nicht nur Aufgabe, sondern auch Berufung. Ich habe das gelebt. Darum gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge.“ Den Zeitpunkt des Wechsels empfinde er als sehr gut, und er wünsche sich Leute, die zukünftig mit anpacken.
Auf Thiele folgt Martin Fellmer als Vorsitzender. Er erhielt 111 Stimmen, sein Gegenkandidat Markus Klich-Beckmann vereinigte 67 Fahrlehrer auf seine Seite. Bei sechs Enthaltungen und fünf ungültigen Stimmen stand das Ergebnis schließlich fest. „Vielen Dank für die Wahl und Ihre große Unterstützung. Nehmen Sie mich beim Wort. Ich werde alles dafür tun, dass unser Berufsstand weiter nach vorne gehen kann“, versprach Martin Fellmer. Anschließend wurde Michael Echelmeyer als zweiter stellvertretender Vorsitzender in seinem Amt bestätigt. Neuer vierter stellvertretender Vorsitzender wurde der 52-jährige Christoph Polarczyk.
Fehlender Nachwuchs beklagt
Nach der Begrüßung der Ehrengäste sprach die stellvertretende Bürgermeisterin von Werl, Angelika Schritt, ein paar Grußworte. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie als Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer ganz besonders unter den Einschränkungen durch die Pandemie gelitten haben und auch immer noch leiden. Wir wünschen uns sicherlich alle, dass bald wieder ein normales Leben unseren beruflichen und privaten Alltag bestimmt.“
Friedel Thiele stellte nun seinen letzten Geschäftsbericht vor. Dabei legte er viele Zahlen vor, die diesmal Bezug auf 2019 nahmen. So ist die Zahl der Mitglieder im Verband von 1.644 auf 1.589 gesunken. „Immer mehr kleine Fahrschulen schließen oder gehen in größeren Einheiten auf“, sagte Thiele. Zudem werde über Fahrlehrermangel geklagt, obwohl es viele Maßnahmen gegeben habe, um diesen Mangel zu beheben. „Ich frage mich, wo die alle geblieben sind. Da sind Riesensummen von Fördertöpfen ausgegeben worden, zur Umschulung von Leuten, die Fahrlehrer werden wollten.“ Nach wie vor fehlen junge Fahrlehrer unter 30 Jahren. „Uns fehlt der Nachwuchs, darüber muss doch auch mal in der Politik diskutiert werden.“
Corona-Soforthilfen als „Mogelpackung“
Kritik äußerte Thiele an der Corona-Soforthilfe, die in Höhe von 9.000 Euro ausgezahlt worden war, aber die von den meisten Fahrschulen zurückgezahlt werden müsse. „Ich bin mal gespannt, wie viele Fahrschulen in diesem oder im nächsten Jahr Insolvenz anmelden müssen. Das ist alles nur verschoben worden.“ Das sei eine Mogelpackung gewesen, vor allem für die kleinen Fahrschulen. Es sei nicht klar gewesen, dass dieses Geld zurückgezahlt werden müsse. „Die Leute haben das aus der Not geboren für die Lücken genommen, um Engpässe zu überbrücken. Das ist doch auch verständlich. Mindestens 90 Prozent der Fahrlehrer müssen das nun zurückzahlen.“ So hätten die Fahrschulen zwar Corona überstanden, aber nun nicht mehr das Geld, um die 9.000 Euro zurückzuzahlen. „Das ist traurig.“
Friedel Thiele listete alle Sitzungen, Versammlungen und Veranstaltungen auf, an denen er oder der Vorstand für die Fahrlehrer teilgenommen hat. „Das habe ich gerne gemacht“, versicherte er. Dabei habe er viele Dinge übernommen, die früher auf mehrere Schultern verteilt worden seien. Er ging auf die verschiedenen Bezirke ein und forderte dazu auf, dass jeder die Verantwortung trage, neue Mitglieder zu werben. Ähnlich wie die Zahl der Mitglieder sei auch die der Fahrschulen kontinuierlich rückläufig.
Laudatio für Friedel Thiele
Mehrere Gastredner ließen es sich nun nicht nehmen, sich vom scheidenden Vorsitzenden Friedel Thiele zu verabschieden und seine Leistungen hervorzuheben. Jürgen Kopp, Vorsitzender der Bundesvereinigung, bezeichnete Thiele als engagierten Kämpfer für den Berufstand. „Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, Dir zu danken, dafür, dass Du engagiert und mit großer Fachkenntnis Deine Einwände und Deine Sichtweise dargestellt hast. Ich möchte das so umschreiben: Es gab eine Garde von Berufsvertretern, die es geschafft hat, dass Fahrlehrer wie ich 30 Jahre mehr oder weniger nicht viel mehr machen mussten, als die geliebte Arbeit. Ich musste kein Marketing machen. Im Grunde genommen hat es ausgereicht, meine Fahrschultür aufzumachen, und die Leute sind gekommen“, blickte Kopp zurück. Doch die Zeit bringe nun Veränderungen für alle mit sich. Darum sei es wichtig, dass alle zusammenrücken. „Hinter jeder Fahrschule, hinter jedem Fahrlehrer und hinter jeder Fahrlehrerin steht eine Familie. Jeder, der arbeitet, muss von seiner Arbeit leben können.“
Doch derzeit stehe man an einer Schwelle, und es sei sehr schwierig, das Gewohnte so weiterleben zu können wie bisher. „Darum brauchen wir Partner, dazu brauchen wir vor allem die Hilfe unserer Verbandsmitglieder, und dazu brauchen wir eine offene Diskussion.“ Damit die Bundesvereinigung sich für die Mitglieder einsetzen kann, müssen alle Informationen nach oben getragen werden, nur dann könne man den Finger in die Wunde legen. „Mit Gesprächen kommen wir zusammen, aber man muss sprechen. Wenn man aufhört, miteinander zu sprechen, dann funktioniert das nicht mehr.“
Die langjährige Chefredakteurin der Fachzeitschrift FAHRSCHULE, Sylke Bub, sprach erstmals in ihrer neuen Funktion als Vorstandsmitglied der Fahrlehrerversicherung zu den Mitgliedern. "Die Sicht auf die Versammlung aus dieser Perspektive ist für mich ganz neu. Dabei komme ich schon ganz lange nach Werl", so Bub. "Bei der FAHRSCHULE habe ich umgesetzt, was ich schon immer wollte: Keine Zeitschrift für Fahrlehrer machen, sondern eine Zeitschrift mit der Fahrlehrerschaft. Das gleiche wünsche ich mir für die Fahrlehrerversicherung: Unsere Versicherung, in der wir gemeinsam gestalten." Mit dem "neuen, richtig guten Pkw-Tarif" und einigen anderen Neuerungen habe man in den vergangenen Monaten in Stuttgart richtig gut vorgelegt, sagte Bub und schloss: "Ich bin überzeugt, wenn wir alle hier uns einbringen, können wir einen Versicherer schaffen, der nicht nur für die Fahrlehrerschaft da ist, sondern der auch seine Leistungen immer und immer besser auf die speziellen Bedürfnisse unserer Branche, unseres Berufsstandes anpasst!"
Diskussion mit dem TÜV
Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde noch diskutiert und abgestimmt, ob eine weitere Prüforganisation neben dem TÜV zugelassen werden sollte. „Ich habe mir da viele Gedanken gemacht“, sagte Friedel Thiele. „Dann haben wir vielleicht am Ende drei oder vier Prüforganisationen. Damit würde sich das Prüfvolumen, was in jedem Jahr in etwa gleich ist, auf die Prüforganisationen verteilen.“ Er befürchte, dass dann das platte Land vernachlässigt werden könnte, denn es ginge dann nur noch um Wirtschaftlichkeit. Der TÜV wiederum habe als Alleinorganisation die Verpflichtung auch flächendeckend die Prüfungen anzubieten. Er plädierte dafür, dem TÜV noch eine Chance zu geben, zumal sich schon eine Verbesserung ergeben hätte. „Gespräche haben uns immer weitergebracht.“
Bernd Rimpl vom TÜV Nord nahm Stellung dazu: Es sei es wichtig, dass der TÜV zur Termintreue zurückkehre. „Und das schaffen wir auch“, sagte er. Die Pandemie habe eine große Rolle gespielt, aber der TÜV sei über den Berg. „Ich verspreche Ihnen: Wir werden zur Termintreue wieder zurückkehren, so wie Sie es gewohnt sind. Im März, April werden wir es geschafft haben.“ Nachdem die Argumente ausgetauscht worden waren, stand die Abstimmung auf dem Programm. Der Antrag wurde schließlich abgelehnt.