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Mit Flipped Classroom in die Zukunft

02.07.2024 15:32 Uhr | Lesezeit: 5 min
Digitaler Unterricht
Das digitale Zeitalter hat in Fahrschulen längst begonnen und würde mit OFSA II ausgebaut
© Foto: didesign /Adobe Stock

OFSA II, mit starkem Fokus auf E-Learning in den Theorieeinheiten – die Zeiten, in der die Fahrschüler alle in den Theorieunterricht kommen und ihre neunzig Minuten bei Frontalunterricht oder Gruppenarbeit absolvieren, sind in dieser Form zukünftig eventuell Geschichte. Durch die ansteigende Nutzung digitaler Formate in den Schulen, Medien- und Online-Lernplattformen wie auch die tägliche Dosis Instagram und Tik Tok hat sich die Art, Wissen aufzunehmen und zu vermitteln, stark verändert. Ein Beitrag von Katrin Klewitz.

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Die rechtlich grundlegend vorgegebene Struktur der heutigen Fahrlehrerausbildung basiert zu weiten Teilen hingegen immer noch auf erziehungswissenschaftlichen Konzepten der 1970er- und 1980-Jahre. Geringfügige Veränderungen wurden 1998 vorgenommen, nach einer Novellierung hinsichtlich der Ziele, Inhalte und didaktischen Gestaltungen der Fahrausbildung. Beim Vergleich des Verkehrsaufkommens, der Fahrzeuge und unserer Lebensgeschwindigkeit der damaligen Zeit mit der heutigen, ist offensichtlich, dass wir den Anforderungskatalog erweitern sowie den Umgang auf ein nicht mehr analog funktionierendes System anpassen müssen. Die Autos sind nicht mehr mit mechanischen Fensterhebern ausgestattet, folglich ist eine Anpassung an  technisch-elektronische Errungenschaften auch, was Lernkonzepte angeht, unabdingbar. Zwar ist auf lange Sicht noch nicht klar, ob dies ein Segen oder Fluch ist, aber der Prozess selbst ist im Gange und erfordert somit neue Herangehensweisen. Dies stößt nicht überall auf Wohlwollen und es halten sich hartnäckig Widerstand und Vorurteil, war die alte Zeit doch alles andere als schlecht.
Um zumindest etwas Licht ins Dunkel zu bringen, was denn nun geändert werden soll, nehmen wir das vorhandene und zukünftig proklamierte Konzept für den Theorieunterricht, in dem E-Learning eine stark favorisierte Rolle spielt, mal genauer unter die Lupe. Welche inhaltlichen und anwesenheitsrechtlichen Veränderungen würden bei der Umsetzung von OFSA II folgen und welche Vor- und Nachteile bedingen sich daraus.

E-Learning als Bereichserweiterung gedacht 
Vorweg schon einmal: E-Learning kann und soll laut dem OFSA Ausbildungs- und Evaluationskonzept das Lehren in Präsenz nicht ersetzen, sondern unterstützen und bereichern. Wenn Lernende häufig und über längere Zeiträume verteilt lernen,

  • steigert das den Wissenszuwachs. Dies ist mit der Anwendung von E-Learnings darstellbar. 
  • Die Schüler können sich immer wieder eigenständig kognitiv mit der Thematik im Alltag befassen. Somit steht insgesamt eine längere Lernzeit zur Verfügung.
  • Im Hinblick auf die Präsenzlernphase können Lehrressourcen gewonnen werden, die dann für aufwendige diskursive und interaktive Lehr-Lernmethoden eingesetzt werden.

Mehrfachen Studien zufolge und aus anderen Pädagogikbereichen wie den Hochschulen gewonnene Erkenntnisse zeigen auf, E-Learning ist, spezifisch eingesetzt, sehr erfolgreich. Asynchrone E-Learning Settings und Präsenzlernen erfordern und fördern zudem unterschiedliche Lernaktivitäten und erreichen somit ein breiteres Personenspektrum. Das setzt allerdings voraus, E-Learningphasen mit Präsenzphasen im Rahmen der Fahrausbildung gekonnt abzustimmen. Der Begriff E-Learning umfasst missverständlicher Weise nicht nur eine Anwendung in Form einer App, sondern ist eine konzeptionelle und ganzheitliche Herangehensweise, die modular zwischen E-Learningzeit und Präsenzlehre strukturiert pendelt. Diesen Verschmelzungsprozess nennt man Blended Learning.

Blended Learning – vier Modelle, um Präsenzlernphasen mit E-Learning zu verbinden
Hinter dem Begriff Blended Learning verbergen sich vier Modelle, die Präsenzphasen mit E-Learning abwechseln.

  1. Rotationsmodell
    Es ist eine feste Struktur vorgegeben, in der Präsenz- und E-Learning Phasen abwechseln
  2. Flexibles Modell
    Es werden Lernmaterialien online zur Verfügung gestellt, die von Lehrenden und Lernenden gemeinsam an einem Ort erarbeitet werden
  3. Selbstkombinierungsmodell
    Hier entscheiden die Lernenden selbst über das fest vorgegebene Kursangebot in Präsenz, sich tiefergehendes Wissen über E-Learning Angebote anzueignen 
  4. Angereicherte, virtuelle Modelle
    Wie viel Anteil sie auf Präsenz oder in E-Learning verwenden, entscheiden die Lernenden eigenständig

Gezogenes Fazit laut OFSA II bezüglich der Fahrschulen:

Am sinnvollsten erscheint für die Fahrausbildung das Rotationsmodell, da die Lernzeit in der Fahrschule – verglichen mit anderen Schulformen – sehr knapp bemessen ist. Damit das Rotationsmodell und dessen Vorteile sich wirkungsvoll darstellt, soll es im Flipped Classroom Modell in die praktische Umsetzung gebracht werden.

Umkehrung der traditionellen Lernsettings - Flipped Classroom Modell

Eigenverantwortung für Lernerfolg steigt. Das Flipped Classroom Modell baut sich über drei Phasen auf, die thematisch immer wiederholt werden.

Pre-Class: Die Lernenden absolvieren zuerst eine Selbstlernphase hinsichtlich eines vorgegebenen Themas. Die Inhalte werden zum Schluss in einem Assessment abgefragt.
In-Class: In der Präsenzphase wird Wissen in den Kontext gesetzt und vertieft. Aus dem Pre-Assessment hervorgehende Wissenslücken werden geschlossen und Unverstandenes gemeinsam mit der Lehrkraft und der Gruppe zielgerichtet bearbeitet.
Post-Class: Erneute Selbstlernphase. Das Erlernte der zwei vorangehenden Phasen wird selbstständig in den Kontext gesetzt und vertieft. Hierbei liegt der Fokus auf der Umsetzung und der erfolgreichen Anwendung des Erlernten.
In einem weiteren Test wird nachvollzogen, ob der Wissenstransfer gelungen ist.

Vom fachlichen Instruktor hin zum Motivator und Lernbegleiter

Laut der Fachwissenschaft sind die Lehrenden durch E-Learning-Konzepte nicht zu ersetzen. Dennoch, die Rolle der Lehrenden verändert sich und stellt sich neu dar. Sie sind wichtiger Begleiter im Selbstlernprozess des E-Learning sowie im Präsenzunterricht Moderator, Vermittler, Ansprechpartner, Vertrauensperson und Übersetzer. Ihre Rolle ist unabdingbar. Gerade für Schüler, die dem Prozess des eigenständigen Lernens nicht gerecht werden können. Pro: Hier kann es für die Lehrenden, gut vorbereitet, eine Erleichterung darstellen. Sie können sich von der Einzelperformance-abgebenden Frontallehrfigur hin zu einem Unterstützer, Motivator und Prozessteilnehmer entwickeln. Das persönliche Vertrauensverhältnis bei gutem Unterricht, verbunden mit Methodenvielfalt und dem Austausch mit anderen in der Gruppe fördert stark die Freude am Lernen und verankert den Inhalt. Contra: Eine klar erarbeitete Struktur ist vonnöten. Der Umstellungsprozess wird einmal Zeit in der Gehirnleistung in Anspruch nehmen. Es ist darauf zu achten, dass alle sicherheitsrelevanten Bereiche gut eingebettet und bearbeitet sind. Die Lehrenden werden in ihrer Rolle als Lehrkraft eher in eine beratende, passive Rolle versetzt. Dies kann je nach Nutzung der Möglichkeiten Vor- oder Nachteile mit sich bringen.

Die Lehrenden werden künftig mehr:

  • Lernprozesse strukturieren
  • Lernziele vorgeben
  • Lernstand einschätzen
  • Rückmeldungen zum erreichten Lernstand geben
  • Motivation und Unterstützung geben
  • Interaktion und Interaktionsräume mit anderen Lehrenden eröffnen und moderieren


Anwesenheiten -  doppelt hält (nicht) besser

Aktuell besuchen mit wöchentlich stattfindenden Theorieunterrichten viele Fahrschüler einzelne Theorieeinheiten gar nicht, andere dafür doppelt. Pro: Hier kann mit einer klugen Kombination
von Präsenz und E-Learning vorgegriffen werden. Verminderung der mehrfachen Besuche einer Theorieeinheit und dadurch entstehenden Wissenslücken. Contra: Es benötigt hierfür ein gut strukturiertes Angebot an E-Learning Leistungen und einer starken Verzahnung mit dem Präsenzunterricht, um Fragen, die beim eigenständigen Lernen auftauchen, im Unterricht zu behandeln.  Sicherheitsrelevante Aspekte und Einheiten sind in Präsenz zu unterrichten und weniger relevante in die Selbstlernphase anzusiedeln.

Fazit
Auf den ersten, tiefergehenden Blick und hinsichtlich der Analyse halten sich Vor- und Nachteile die Waage und sind wie immer individuell zu betrachten. Grundsätzlich ist das Herangehen und die Betrachtungsweise der OFSA II verständlich und öffnet neue Möglichkeiten, den Fahrschulalltag auch für die Lehrenden zu entspannen. Strukturierung, Eigenverantwortung und den Willen zur Umstellung ist allerdings, ebenso wie bei den Fahrschülern, mitzubringen.

Faktor Kosten
Der Führerschein wie alles andere wird teurer und ist für viele eine kostenintensive Entscheidung. Die E-Learnings bieten die Möglichkeit, Teilbereiche kostengünstig und dennoch lernwirksam darzustellen.

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