Setzt sich jemand alkoholisiert ans Steuer, um wegen einer plötzlichen, schmerzhaften Erkrankung schnellstmöglich ein Krankenhaus aufzusuchen, so macht er sich nur dann nicht strafbar, wenn es keine andere Möglichkeit gab, das Krankenhaus zu erreichen. Das geht aus einem Gerichtsurteil hervor, das der Deutsche Anwaltverein veröffentlicht hat.
Ein Mann bekam während einer Weinprobe einen Harnverhalt. Bei dieser schmerzhaften und gefährlichen Erkrankung kann der Urin nicht mehr auf natürlichem Wege abgeführt werden. Der Mann hatte bereits einmal einen Harnverhalt erlitten, daher setzte er sich trotz Alkoholkonsums ins Auto, um in ein Krankenhaus zu fahren. Wegen seiner stark überhöhten Geschwindigkeit wurde er von der Polizei angehalten. Ein Alkoholtest ergab einen Blutalkohol von 1,04 Promille.
Das erstinstanzliche Gericht verurteilte den Mann wegen einer "fahrlässigen Trunkenheitsfahrt“ zu einer Geldstrafe und einem dreimonatigen Fahrverbot. Die Fahrt des Mannes wäre nur dann nicht rechtswidrig gewesen, wenn sie "zur Abwendung einer Gefahr für Leben oder Leib“ notwendig gewesen wäre. Das sei jedoch nicht der Fall gewesen - es bestanden Alternativen: Der Mann hätte ein Taxi nehmen, einen Krankenwagen oder Notarzt rufen oder Nachbarn bitten können, ihn zu fahren, so die Richter.
(bub, 2.6.08)
Oberlandesgerichts Koblenz
Aktenzeichen 1 Ss 339/07