Auf einem ganz geraden Abschnitt einer Bundesstraße fuhr ein Lkw, der schwere Metallteile im Laderaum transportierte – ohne ausreichende Sicherung. Bereits aus der Ferne konnte der Fahrer des Lastwagens erkennen, dass der Pkw vor ihm in eine Ausbuchtung am Straßenrand einbog und dann rückwärts wieder auf die Fahrbahn fuhr, um zu wenden. Der Lkw-Fahrer fürchtete einen Zusammenstoß und trat voll auf die Bremse. Durch die Vollbremsung verrutschten die Metallteile im Laderaum und beschädigten die Stirnwand.
Für die Reparaturkosten in Höhe von 7.300 Euro forderte der Inhaber des Transportunternehmens von dem Autofahrer Schadenersatz. Der Fall landete vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, das dem Transportunternehmer nur ein Drittel des Betrags zusprach. Denn das Unfallgutachten eines Sachverständigen, der die Aufnahmen der Dash-Cam aus dem Lkw gesichtet hatte, legte eine erhebliche Mitschuld des Lkw-Fahrers nahe.
Grob verkehrswidriges Verhalten
Grundsätzlich sei zwar der Autofahrer haftbar, da er sich grob verkehrswidrig verhalten habe. Das Wendemanöver sei der Grund für die Vollbremsung gewesen, eine Kollision schien tatsächlich wahrscheinlich, weil Pkw und Lkw nur etwa 110 Meter voneinander entfernt gewesen waren. Auf der geraden Strecke hätte der Autofahrer den herannahenden Lkw bemerken und außerdem mit weiteren, schnelleren Fahrzeugen rechnen müssen.
Doch auch der Lkw-Fahrer habe zwei Verkehrsverstöße begangen und damit den Schaden zu zwei Dritteln zu verantworten. Er sei seiner Pflicht, die Ladung ausreichend zu sichern, nicht nachgekommen. Zudem ergab das Gutachten, dass der Lkw-Fahrer rund 20 km/h zu schnell unterwegs gewesen war. Die Unfallstelle befand sich nämlich im Bereich einer Baustelle – die Geschwindigkeit war auf 50 km/h beschränkt.
Oberlandesgericht Karlsruhe
Aktenzeichen 9 U 66/19