Der Reißverschluss gilt stets wenn sich Fahrspuren verengen, egal ob es per Beschilderung vorgeschrieben wird oder nicht. Autofahrer, die bis zum Hindernis vorfahren, sind also keine Drängler, sondern verhalten sich korrekt. Zu frühes Einfädeln verursacht eher Staus. Autofahrer auf der weiterführenden Spur müssen die anderen Verkehrsteilnehmer einfädeln lassen. Im Gegenzug darf ein Spurwechsel aber nicht erzwungen werden.
Geschieht ein Unfall, liegt ein Großteil der Haftung meist beim Spurwechsler. So hat das auch das Oberlandesgericht Frankfurt gesehen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 8.12.2003 – Az. 16 U 173/03) einem Spurwechsler eine Haftungsquote von 70 Prozent zugeschrieben. Anders sah das Oberlandesgericht München die Haftungsverteilung in einem anderen Fall: Dort wurde die komplette Haftung für den Unfall dem Spurwechsler zugesprochen (Az. 10 U 4565/16). Die Begründung: Wenn es im Rahmen eines Spurwechsels beim Reißverschlussverfahren zu einer Kollision kommt, spreche der Anscheinsbeweis dafür, dass der Spurwechsler die alleinige Schuld trägt. Der Pkw-Fahrer habe den Fahrstreifen gewechselt, obwohl eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht ausgeschlossen gewesen sei.
Es gibt freilich Ausnahmen, bei denen es zu einer 50:50-Schuldaufteilung beider Fahrer kommen kann. Wenn der Fahrer auf der Hauptspur seinen vermeintlichen Vorrang erzwingen will, den Spurwechsel verhindert und es dabei zum Unfall kommt, können beide gleichermaßen haften. Ein Video des ADAC veranschaulicht, wie es in der Praxis funktionieren soll.
Wichtig: An Autobahnauffahrten gilt das Reißverschlussverfahren nicht. Wer sich also auf dem Beschleunigungsstreifen zur Autobahn befindet, muss die Fahrzeuge auf der Autobahn passieren lassen und auf angepasste Geschwindigkeit achten. Erst wenn sich eine passende Lücke auftut, darf er die Spur wechseln.