Ministerialrätin Judith Grothe vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW, sprach zunächst übern den Online-Theorieunterricht. Dieser sei während der Pandemie ermöglicht worden. „Aber jetzt ist die Frage, wie es weitergeht.“ Die Genehmigungen seien im vergangenen Jahr ausgelaufen und Online-Unterricht nur noch bei höherer Gewalt erlaubt. Es gebe aber noch keine generelle Neuregelung. Für den Online-Unterricht müsse sichergestellt sein, dass er die gleiche Qualität wie der Präsenzunterricht biete, daran werde derzeit gearbeitet. Eine Arbeitsgruppe, in der Judith Grothe aktiv ist, behandelt das Thema. „Grundsätzlich ist sich darauf verständigt worden, dass Theorieunterricht in Präsenz durchzuführen ist. Online-Unterricht soll auf einen noch zu bestimmenden Teil von Themen ermöglicht werden.“
Ihr zweites Thema war die neue Führerscheinrichtlinie, zu der am 1. März der erste Entwurf vorgelegt worden sei. „Das wird derzeit auf verschiedenen Ebenen verhandelt. Im Entwurf sind viele Neuerungen, aber man rechnet damit, dass es auf EU-Ebene ungefähr 19 Monate dauern wird, bis der Entwurf angenommen ist.“ Inhaltlich gehe es auch hier um die Digitalisierung, unter anderem um den digitalen Führerschein, der dem physischen Führerschein gleichgestellt werden soll. Dieser soll später nur noch ausgestellt werden und der physische Führerschein dann nur noch auf besonderen Wunsch. „Spannend wird es dann, wenn sie EU-weit anerkannt werden. Es gibt ja schon ein paar digitalisierte Führerscheine, zum Beispiel in Dänemark, Österreich oder Polen. Die gelten derzeit aber nur national“, erklärte Judith Grothe. Es seien hier noch viele Aufgaben zu lösen, wie beispielsweise Schnittstellen und Kompatibilitäten. Im Entwurf soll auch begleitete Fahren ab 17 europaweit anerkannt werden, und das auch für den Lkw. Damit soll das Nachwuchsproblem gelöst werden.
Kurt Bartels bedankte sich für die Ausführungen und vor allem für die stetige Unterstützung der Fahrlehrerschaft. „Frau Grothe ist immer bemüht, pragmatische Lösungen für uns zu finden und hat immer ein offenes Ohr für uns.“
BVF: Kaum eine Branche ist digitaler aufgestellt als die Fahrlehrer
Jürgen Kopp, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, berichtete über „Aktuelles zu berufsständischen Themen“. Er machte gleich zu Beginn deutlich, dass sich die Fahrlehrer nicht gegen die Digitalisierung sperren, ganz im Gegenteil: „Ich kenne keine Branche, außer der IT-Branche, die digitaler aufgestellt ist als die Fahrlehrerbranche, und das schon seit sehr, sehr vielen Jahren. Wir scheitern aber immer wieder an so Dingen wie Verwaltungsebenen“, sprach er die oft unterschiedlichen Betriebssysteme der Städte und Gemeinden an. Das führe dazu, dass oft die Schnittstellen nicht vorhanden seien, um die Daten auszutauschen. „Hier haben wir einen sehr, sehr großen Handlungsbedarf, und ich glaube, dass ich sagen kann, in der gesamten Bundesrepublik.“ Die Netzabdeckung in Deutschland sei ein weiteres Problem unter dem er selbst bei seinen Reisen leiden müsse. „Ich fahre nicht so schnell, dass das Internet nicht nachkommt. Es gibt genügend Möglichkeiten für die Netzbetreiber, um mich zu erreichen. Aber es gibt toll ausgebaute Autobahnen, aber fünf Meter rechts und fünf Meter links von mir kein Internet.“
Die Nachweispflicht der körperlichen und geistigen Eignung aller Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer muss bis zum 31. Dezember 2023 erbracht werden. Die Übergangsregelung, die fünf Jahre gegolten hat, ist nun abgelaufen. „Ich möchte die Bitte an die Fahrlehrer richten, dass sie sich sobald wie möglich darum kümmern“, appellierte er an die anwesende Fahrlehrerschaft, sich um einen Termin zur Gesundheitsuntersuchung zu bemühen. Die Untersuchung dürfe nicht älter sein als ein Jahr sein und wenn alles in Ordnung sei, könne diese bei der Behörde eingereicht werden. Der Nachweis könne auch durch einen Führerschein der Fahrerlaubnisklassen C und D erbracht werden, sofern dieser innerhalb der letzten fünf Jahre erworben worden sei. Sollte jemand eine Einschränkung haben, sei es letztlich eine Ermessensgrundlage der Behörden, ob der Fahrlehrer in seinem Beruf weiterarbeiten könne. „Gehen Sie auf die Behörden zu und warten Sie nicht zu lange.“ Eine Terminvereinbarung über ein Onlineportal könne unter Umständen bis zu zwölf Wochen dauern.
Beim Thema Richtlinie für den Führerschein wies Jürgen Kopp gleich darauf hin, dass es sich hier noch um „Zukunftsmusik“ handle, da es bislang nur ein Vorschlag sei. Zudem werde noch viel Zeit vergehen, bis es zu einer Umsetzung komme. „Es soll den digitalen Führerschein geben“, sagte Kopp und sah dort noch große Schwierigkeiten auf die Länder zukommen. Der Bundesvorsitzende zählte einige der Vorschläge der neuen Richtlinie auf, ohne überall ins Detail zu gehen. Dazu gehörte auch die Herabsetzung des Mindestalters für die Führerscheinklasse C, um ein begleitetes Fahren ab 17 möglich zu machen.
Jürgen Kopp lobte die gute Zusammenarbeit mit den Prüfstellen auch bezüglich der Fahrerassistenzsysteme. „Es ist uns gelungen, wieder miteinander und nicht übereinander zu sprechen. Es gibt aber natürlich auch Orte, wo es nicht so gut läuft. Aber sprecht mit den Leuten.“ Für Jürgen Kopp ist es wichtig, dass die Fahrlehrer entscheiden, wann der Schüler prüfungsbereit ist. Generell verändere sich die Arbeit der Fahrlehrer und die Anforderungen würden weiter steigen, aber die Arbeit der Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer werde nicht überflüssig.
TÜV: „Pandemie hat uns knallhart erwischt“
Bevor Ralf Strunk, Geschäftsführer des TÜV Rheinland, zu seinem Vortrag auf die Bühne gebeten wurde, wies Bartels darauf hin, dass es in vielen Regionen Deutschlands gut laufe. „Es gibt einige wenige Ballungsgebiete, wo es nicht gut läuft. Und da erwarte ich natürlich vom TÜV auch Antworten, wie es in diesen Ballungsgebieten, in denen wir uns auch befinden und in denen es stark knirscht, besser laufen kann.“
„Die Pandemie hat uns knallhart erwischt“, sagte Ralf Strunk. „Nach dem Jahr 2021 habe ich gedacht, dass wir in einen ruhigen Ablauf kommen. Die Menschen sind nahezu alle geimpft. Das Jahr 2022 wird für uns ein eher leichteres Jahr.“ Doch mit dem Wegfall der Maskenpflicht habe den TÜV eine Krankheitswelle erreicht, weil viele plötzlich an Corona erkrankt seien. Davon seien etwa 15 bis 20 Prozent der geplanten Prüfungen betroffen gewesen. „Wir hatten noch nie eine so hohe Krankheitsquote wie im zweiten Halbjahr 2022. Da sind dann die Ressourcen einfach am Ende.“ Im Jahr 2023 sei aber nun der Regelbetrieb nahezu wieder möglich, sodass wieder über das Alltägliche diskutiert werden könne. „Wir wollen in diesem Jahr die hohen Anforderungen gemeinschaftlich meistern, aber das geht nur, wenn man offen und fair miteinander umgeht“, erklärte Strunk. Dabei müsse es dann weniger emotional, sondern mehr sachlich zugehen.
Der Geschäftsführer hatte die aktuellen Zahlen der absolvierten Prüfungen sowohl deutschlandweit als auch regional mitgebracht. Sie wiesen deutliche Steigerungen zum Vorjahr auf und bewegten sich wieder auf Vor-Corona-Niveau. Auch in NRW sei die Zahl der praktischen Prüfungen um 6,5 Prozent nach oben gegangen und in der Theorie sogar um 10,4 Prozent. „Die Leistungsfähigkeit ist, glaube ich, gegeben, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle Verzögerungen gibt, das wissen wir.“ Aufgrund der optimierten praktischen Fahrerlaubnisprüfung (OPFEP), die rund 22 Prozent mehr Zeit pro praktische Prüfung in Anspruch nehme, habe der TÜV Rheinland mit Einführung zum 1. Januar 2021 die Kapazitäten an Prüfern um 33 Prozent ausgebaut. „Ehrlich gesagt war ich mächtig stolz, dass wir das geschafft haben. Und dann kam die Corona-Pandemie.“ Im Jahr 2023 werden einige Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, und es sei eine Mammutaufgabe, die zu ersetzen und zusätzlich weitere Mitarbeiter zu gewinnen, um im Fahrerlaubnisbereich an allen Stellen gut aufgestellt zu sein. Die Ausbildungslehrgänge seien entsprechend voll.
„Kritik ärgert mich nicht, aber was mich ärgert sind Fahrschulen, die Prüfungen über das Maß hinaus beantragen, das sie wirklich brauchen. Und die dann auch noch Probanden vorstellen, die dann regelmäßig durchfallen“, bemängelte Ralf Strunk. Die seien schlecht vorbereitet und es gebe da Fahrschulen mit Nichtbestehensquoten von über 70 Prozent. „Das ist nicht das, was wir wollen“, versicherte Strunk. Der TÜV heiße es nicht gut, wenn die Probanden zwei oder drei Prüfungen absolvieren müssten, um schließlich zu bestehen.
Sieben Prozent der Fahrschulen hätten eine Nichtbestehensquote von über 50 Prozent. „Das ist nicht im Sinne des Erfinders. Ich würde mir wünschen, dass man eine Werbung macht mit einer soliden Ausbildung. Hier könnte der Fahrlehrerverband Qualitätssignale nach außen senden, damit die Fahrschule sagen kann, wir bilden gut aus.“ Es gebe Fahrschulen mit über 600 Prüfungen und einer Nichtbestehensquote von über 60 Prozent. „Das kann nicht wahr sein. Gegen diese Fahrschulen muss man vorgehen. Das hat nichts mehr mit solider Ausbildung zu tun.“
In Sachen Theorieprüfung versuche der TÜV mit der Terminierung alles gut zu meistern. „Neu ist, dass wir außerhalb des Buchungsportals den Fahrschulen Sammeltermine anbieten. Das machen wir gezielt dort, wo Bedarf ist, um auch kurzfristig Lücken zu schließen“, erklärte Strunk.
Bartels: Extremer Zulauf während der Pandemie
Kurt Bartels nahm kurz Stellung zum Vortrag von Ralf Strunk und war nicht mit allem einverstanden. „Ja, der TÜV hat viel geleistet, eindeutig. Man muss auch fairerweise sagen, dass wir Fahrlehrer nicht damit gerechnet haben, dass während der Pandemie der Zulauf zu den Fahrschulen so extrem hoch gewesen ist.“ Trotzdem müsse er ein wenig Öl ins Feuer gießen. In sechs Regionen sei es in der Praxis wesentlich besser geworden, hier könne man wieder von einem Drei-Wochen-Rhythmus sprechen. „Die Theorieprüfung ist für meine Begriffe unakzeptabel und da müssen jetzt wirklich ganz schnell Lösungen her. Es kann nicht sein, dass wir seit Monaten darüber reden, dass es in allen Regionen eine Vorlaufzeit von sechs bis acht Wochen gibt“, beklagte Bartels. Und das Versprechen des TÜV, dass dies in „wenigen Wochen“ behoben sei, sei nicht glaubwürdig.
Was auch nicht sein könne, sei die Tatsache, dass der Fahrschüler sich selbst zur Prüfung anmelden könne. Das müsse in der Hoheit der Fahrschulen liegen, denn nur die könnten ermessen, ob der Prüfling schon ausreichend vorbereitet ist.
Dass es Fahrschulen gibt, die einfach rücksichtslos immer zu viel bestellen, ärgert auch Bartels. „Die sind aber doch beiden Häusern bekannt. Gehen Sie doch gegen die vor. Da haben Sie unsere hundertprozentige Unterstützung“, versicherte der Vorsitzende. „Die schwarzen Schafe mit diesen exorbitant hohen Nichtbestehensquoten, die gehören von Ihnen proaktiv an die entsprechenden Behörden gemeldet.“ Es gebe ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichtes in Hamm, das dies unterstütze.
Interner Teil: Mehr Angestellte sollen Mitglieder werden
Die interne Mitgliederversammlung des Fahrlehrerverbandes Nordrhein verlief in Kamp-Lintfort ausgesprochen harmonisch. Dennoch nannte er klar die Probleme: So ist die Zahl der Mitglieder innerhalb eines Jahres von 1.329 auf 1.301 gesunken. „Wir sind über die Entwicklung nicht erfreut“, bedauerte Bartels. Zudem zeige der Altersbaum, dass in den nächsten zehn Jahren sehr viele Kolleginnen und Kollegen in Rente gehen werden. „Wir suchen wirklich nach Wegen, wie wir es schaffen können, junge Menschen für den Verband zu begeistern.“
Auch die Zahl der Fahrschulen hat von 1.692 auf 1.602 abgenommen, vor allem bei den Hauptstellen gab es einen Einbruch um rund zehn Prozent. Das liege auch an dem Altersbaum, mit der Folge, dass viele Fahrschulen aus Altersgründen schließen. „Gleichzeitig ist interessant, dass wir trotz des Rückgangs eine Organisationsdichte bei den selbstständigen Fahrlehrern von weit über 70 Prozent haben. Wir würden uns aber wünschen, dass noch mehr Angestellte Mitglieder werden“, sagte der Vorsitzende. Denn auch die angestellten Fahrlehrer benötigten ein Sprachrohr, um ihre Interessen zu vertreten, da es keine Gewerkschaft gebe. „Darum sind wir als Fahrlehrerverbände auch angehalten, alles zu tun, dass es unseren Angestellten auch gut geht.“
Kurt Bartels ging in seinem Geschäftsbericht auf die zahlreichen Sitzungen ein, die er und seine Vorstandskollegen absolviert haben. Dabei habe es vor allem mit dem TÜV Rheinland aufgrund der Probleme zahlreiche Sitzungen und Telefonate gegeben. Unter den vielen weiteren Terminen war für Kurt Bartels das Angestelltensymposium ein besonders wichtiger gewesen. „Das war ein Start mit über 50 Teilnehmern. Das fanden wir sehr gut, und es ist ein Pflänzchen, das wir jetzt pflegen wollen“, versicherte der Vorsitzende. Eine solche Veranstaltung soll künftig auch für Bürokräfte angeboten werden, aber auch für Selbstständige mit bestimmten Themen wie beispielsweise OFSA II.
Vorstandsmitglied Horst Wintgen stellte den Kassenbericht des Verbandes vor, der mit einem kleinen Plus abgeschlossen werden konnte. Aus diesem Grund habe der Vorstand beschlossen, dass in diesem Jahr noch keine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge nötig sei. Aber für das nächste Jahr müsse damit gerechnet werden. „Wir werden das Gebäude sanieren müssen, Stichwort Heizungsanlage“, sagte Bartels. Des Weiteren seien die Aufwandsentschädigungen seit zehn Jahren nicht erhöht worden, und auch die Mitarbeiterinnen im Büro müssten eine Lohnerhöhung erhalten.
Der Vorstand hatte schließlich noch einen Antrag auf Satzungsänderung eingebracht, in dem es darum ging, dass künftig die Einladungen zur Versammlung an alle, die eine E-Mail-Adresse hinterlegt haben, auch per E-Mail zu versenden. Auf diese Weise könne viel Geld gespart und auch die Umwelt geschont werden.
Alexander Klug