Norbert Wagner ist neuer Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Pfalz. Der Pirmasenser wurde mit überwältigender Mehrheit zum Nachfolger von Roland Semar gewählt, der aus gesundheitlichen Gründen kurz vor der Mitgliederversammlung von seinem Amt zurücktrat. Norbert Wagner dankte für das Vertrauen und schwor die Mitglieder ein: „Unsere Stärke ist die Gemeinschaft. Miteinander und nicht Gegeneinander ist die Basis für unseren Erfolg.“ Er versprach, dass er die Standpunkte der Fahrlehrer beim TÜV ansprechen und vertreten werde. Eine wichtige Aufgabe sei die Mitgliederwerbung, denn das Durchschnittsalter im Verband sei mit 58 Jahren zu hoch. „Wenn sich das nicht ändert, dann sind die nächsten Weiterbildungsthemen Patientenverfügung und Nachlassregelung“, spitzte Wagner das Problem zu.
Doch nicht nur der Vorsitzende musste neu gewählt werden, sondern fast der komplette Vorstand. Wahlleiter Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, dankte zunächst noch einmal Roland Semar für dessen geleistete Arbeit und bedauerte dessen Abschied. Da Norbert Wagner bislang erster Stellvertreter war, wurde ein Nachfolger für ihn gesucht. Aus drei Bewerbern entschieden sich die 101 stimmberechtigten Mitglieder mehrheitlich für Ralf Völkel. Während Wagner und Völkel nun für vier Jahre im Amt sind, wurde der zweite Stellvertreter nur für ein Jahr gewählt. Berthold Raschke erhielt einstimmig das Vertrauen der Versammlung.
Vor den Wahlen stand eigentlich der Bericht des bisherigen Vorsitzenden Roland Semar auf der Tagesordnung, der sich damit auch von den Mitgliedern verabschieden wollte. Ganz kurzfristig musste er absagen, so dass sein Stellvertreter Norbert Wagner den Part übernehmen musste. „Was macht der Vorstand eigentlich?“, fragte er, um selbst die Antwort zu geben: Er führte eine Vielzahl an Sitzungen auf, davon allein vier zweitägige Sitzungen bei der Bundesvereinigung, Besuche bei befreundeten Verbänden, Weiterbildungen, Fachberaterbesprechungen, Bezirksversammlungen und vieles mehr.
Ein Thema bei den Bezirksversammlungen sei der Preiskampf der Fahrschulen untereinander. „Wir sind für die Qualität selbst verantwortlich. Verkehrssicherheit hat ihren Preis, verkauft Euch nicht unter Wert“, appellierte er an die Anwesenden.
„Es ist viel Arbeit, und Roland hätte sicher noch mehr erzählen können“, sagte Wagner, der sich aber auch von den Mitgliedern mehr Einsatz wünschte. „Wo seid Ihr bereit, aktiv beim Verband mitzuarbeiten?“, fragte er in die Runde. Dass es sich lohnt, hier aktiv zu sein, machte er ebenfalls deutlich: „Wir haben einen ganz tollen Beruf, und es macht Spaß, mit jungen Leuten zu arbeiten.“
Infos zur aktuellen Entwicklung im Führerscheinwesen und Fahrlehrerrecht hatte Dr. Lothar Kaufmann, Abteilungsleiter im Ministerium des Innern für Sport und Infrastruktur in Rheinland-Pfalz, mitgebracht. Ein Schwerpunkt seines Vortrags war die Verkehrssicherheit. „Hier haben wir große Erfolge in den letzten Jahrzehnten, das ist auch ein Verdienst der Fahrlehrer.“ Insgesamt sei auf lange Sicht die Zahl der Verkehrstoten gesunken, allerdings gebe es in den vergangenen zwei Jahren eine leichte Trendwende. Im Vorjahr habe es in Rheinland Pfalz 100 Tote mehr gegeben. Besonders gefährdet seien die 18- bis 24-Jährigen und die 25- bis 34-Jährigen. „Eine weitere Risikogruppe sind die 45-bis 54-jährigen Motorradfahrer“, erklärte Kaufmann.
Die meisten Verkehrstoten gebe es auf der Landstraße, meistens aufgrund überhöhter Geschwindigkeit. Aber auch die Ablenkung durch Telefonieren, Nachrichten auf dem Smartphone lesen oder selbst Nachrichten schreiben habe zugenommen. Ein probates Mittel zur Senkung der Unfallzahlen sei beispielsweise das begleitete Fahren ab 17. In Rheinland Pfalz nehmen 60 Prozent der Fahranfänger daran teil, und der Erfolg sei messbar. „Laut Untersuchung der BASt passieren 19 Prozent weniger Unfälle.“
Ein wichtiges Thema für die Fahrlehrer ist die geplante Reform des Fahrlehrergesetzes. Kaufmann sprach darüber, Theorie und Praxis in der Fahrlehrerausbildung stärker zu verzahnen und die Kooperationsmöglichkeiten von Fahrschulen zu verbessern. Die Aus- und Weiterbildung soll modernisiert werden, wobei ein Schwerpunkt auf dem verkehrspädagogischen Teil liegen soll. „Die Arbeitsentwürfe liegen vor, die Verabschiedung ist vermutlich im Februar 2017.“
Doch Kaufmann musste sich auch Kritik anhören. „Die Reform macht mir Bauchgrimmen. Eine Reform ohne die Beteiligung der Fahrlehrer, ohne unsere Kompetenz, das geht nicht“, bemängelte Norbert Wagner. Ähnlich sah es Gerhard von Bressensdorf: „Ich habe die Sorge, dass es ein Reförmchen wird!“ Der Plan, die bisherige Ausbildung von zehn auf zwölf Monate zu verlängern, aber davon nur zwei Wochen zusätzlich vor der Prüfung, greift von Bressensdorf zu kurz. „Wir würden uns 16 Monate Ausbildung wünschen. Der Berufsstand hat es verdient. Von uns erwartet man, dass wir so ausbilden, dass es weniger Verkehrstote gibt, aber dann muss die Ausbildung länger sein. Gebt uns auch das Rüstzeug“, forderte der Bundesvorsitzende.
Nicht einverstanden ist er auch mit dem Plan zur Zugangsvoraussetzung, die nur noch die Fahrerlaubnis B/BE erfordert. „Das Wissen um Motorrad fahren und Lkw fahren ist unumgänglich. Nichts ist so wichtig, wie das selbst Erlernte.“ Kritisch sieht von Bressensdorf auch die Entbürokratisierung und die veränderten Überwachungen. „Entbürokratisierung ja, aber lassen Sie es uns gemeinsam besprechen, mit Augenmaß und Ziel.“ So könne er sich viele Möglichkeiten vorstellen, den Tagesnachweis zu führen, aber komplett darauf verzichten möchte er nicht.
Gewohnt engagiert und eloquent ging Gerhard von Bressensdorf in seinem Referat der Frage nach, ob die beruflichen Grundlagen noch zukunftsfähig sind. Große Sorge bereitet ihm dabei der finanzielle Aspekt, denn mehr als die Hälfte der Fahrschulen hätten zu geringe Umsätze, um davon leben zu können. Die Fahrlehrergehälter liegen in Rheinland-Pfalz zwischen 1.559 und 3.312 Euro, damit sei es schwer, den Nachwuchs für den Beruf zu begeistern. „Wir haben Nachwuchsprobleme. Die Zahl der Fahrschulen geht signifikant zurück, vor allem in den neuen Bundesländern“, berichtete von Bressensdorf. Im Jahr 1999 habe es noch 13.853 Fahrschulen gegeben, in 2014 seien es noch 11.900. Neben der zu hohen Altersstruktur bemängelte der Vorsitzende auch den zu geringen Frauenanteil, der nur bei 8,4 Prozent liege.
Gerhard von Bressensdorf wagte den Blick in die Zukunft. „Die Welt wird sich dramatisch verändern“, prophezeite er. Teilautonomes und autonomes Fahren und Fahrerassistenzsysteme sind auf dem Vormarsch. „Das automatisierte Fahren wird kommen“, ist er sich sicher. Damit werde irgendwann auch der erste Verkehrstote kommen, und dann stelle sich die Frage: „Kann man eine Maschine dafür verantwortlich machen? Ich sage Ja!“ Auf die Fahrschulen komme hier also eine Menge zu, und die Fahrlehrer sollten sich mit den neuen Techniken auskennen. „Sind wir zukunftsfähig? Noch nicht! Wir schaffen das, aber nur mit vereinten Kräften.“
Bernd Nentwig begrüßte die Fahrlehrer im Namen von Audi und stellte die neue Produktpalette vor. „Der Audi Q2 ist interessant für Fahrlehrer. Wir steigen hier in ein neues Marktsegment ein“, erklärte Nentwig. Neu aufgelegt worden sei der „Audi Road Guide für Fahrschulen“, der kostenlos erhältlich sei.
Über Prüfungsergebnisse und aktuelle Themen des TÜV Pfalz berichtete Alexander Stoll, Mitglied der Geschäftsleitung. „Wir haben im vergangenen Jahr 26.000 Menschen für den Verkehr qualifiziert und dabei trotz des demografischen Wandels 2,9 Prozent mehr Prüfungen abgenommen.“ Er plädierte dafür, das Mindestalter für den Mopedführerschein auf 15 Jahre herabzusetzen und sich damit anderen Bundesländern anzuschließen.
Das Grußwort der Fahrlehrerversicherung übernahm Gerhard von Bressensdorf. „Ich habe das gerne übernommen, weil mich die Fahrlehrerversicherung mein Leben lang begleitet hat.“ Es sei für eine Nischenversicherung von Fahrlehrern für Fahrlehrer gar nicht so einfach. Insgesamt gebe es 79.604 Kunden, und 338.000 Kfz-Verträge, dies sei ein hoher Stand. Bei rund 65 Millionen Beitragseinnahmen bleibe am Ende ein Jahresüberschuss von rund 600.000 Euro. „Das ist eine gute Bilanz“, so von Bressensdorf.
(Ulrich Lieber)