Enttäuscht von der Politik zeigte sich der Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg, Jochen Klima, bei der Mitgliederversammlung Mitte April. Schließlich hoffe man seit Unterzeichnung der derzeit laufenden 18. Legislaturperiode Ende 2013 auf „eine umfassende Reform des Fahrlehrergesetzes und die Ausbildung unseres händeringend gesuchten Berufsnachwuchses“. Doch: „Anstatt den Berufsstand auf dem Weg der Weiterentwicklung seines eigenen Berufsrechts mitzunehmen und zu beteiligen, haben der Bund und die Länder Stillschweigen vereinbart und arbeiten mehr oder weniger im Verborgenen“, kritisierte Klima und fügte hinzu: „Das ist in der Geschichte des deutschen Fahrlehrerwesens ein einmaliger, nicht hinzunehmender Zustand.“ Mittlerweile gebe es konträre Positionen darüber, was den Inhalt der Reform angeht. Klima bat deshalb darum, dass die verschiedenen Interessensgruppen in Sachen Ausbildungsdauer, Tagesnachweise oder Zweigstellen nicht nur übereinander sprechen, sondern intensiv miteinander reden. „Für junge Fahrlehreranwärter ist die Fähigkeit zu lehren die zentrale Kompetenz. Deshalb muss dies der entscheidende Schwerpunkt der Fahrlehrerausbildung werden“, so der Vorsitzende.
Sobald der Gesetzesentwurf endlich vorliege, geht er zunächst in die sogenannte Verbände-Anhörung. Dort will Klima alle Verbandsmitglieder ins Boot holen, indem er ihnen den Entwurf zugänglich macht. Sie haben dann die Möglichkeit, sich zu strittigen Punkten zu äußern. Die Meinungen der Mitglieder sollen schließlich in die Stellungnahme des Verbandes einfließen.
Am Ende seiner Ausführungen sprach Klima, mit Blick auf das erste sonnige April-Wochenende, noch den Beginn der diesjährigen Motorrad-Saison an. „Am Montag darauf mussten wir mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen, dass gleich an diesem ersten warmen Tagen elf Biker auf Deutschlands Straßen ihr Leben ließen“, berichtete er. Klima regte dazu an, im Frühjahr Auffrischungskurse, Sicherheitstrainings und Ausfahrten für ehemalige Fahrschüler anzubieten.
Ein unverzichtbarer Beitrag zur Verkehrssicherheit
Als Gastredner hatte in diesem Jahr eigentlich der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner zugesagt. Doch aufgrund der Trauerfeierlichkeiten für den früheren Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, die an diesem Wochenende stattfanden, sprang kurzfristig sein Parteikollege aus dem baden-württembergischen Landtag, Jochen Haußmann, ein. In seinem Vortrag zum Thema „Warum Deutschland ein Update braucht“ lobte Haußmann die Arbeit der Anwesenden. „Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer – Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Verkehrssicherheit“, so der FDP-Abgeordnete.
„Wir wollen die Ausbildung der Fahranfänger verbessern und auch die Qualifikation und Qualität der pädagogischen Ausbildung der Fahrlehrer erhöhen“, gab Haußmann noch einmal die Formulierung der großen Koalition wieder. Für eine Lösung sei es allerdings wichtig, nicht allein die großen Konzerne im Blick zu haben. „Die Fahrschulen leben von den kleinen und mittelständischen Strukturen“, machte Haußmann deutlich und rief deshalb den Berufsstand dazu auf, sich bei der Diskussion um Zweigstellen mit einzubringen.
Noch immer keine Online-Buchung der praktischen Prüfungplätze möglich
Marcellus Kaup von TÜV Süd lobte die Zusammenarbeit mit den Fahrschulen als „wirtschaftliche Erfolgsgeschichte“. Um sie weiterzuführen sei es nötig, sich noch intensiver abzustimmen und die Dienstleistung zu optimieren. In diesem Zuge kritisierte Klima, dass die bereits vor Jahren angekündigte Online-Buchung praktischer Prüfungsplätze und das Vorab-Inkasso von Prüfungsgebühren direkt bei den Bewerbern immer noch nicht eingeführt wurden. Man sei derzeit noch in der Testphase, „die sich jedoch weitaus schwieriger und langwieriger darstellt, als zunächst erwartet“, entschuldigte sich Kaup. Dafür werden voraussichtlich am 1. Oktober dieses Jahres die dynamischen Filmsequenzen bei der Theorieprüfung zum Einsatz kommen. Zum gleichen Datum soll es außerdem Hocharabisch als zwölfte Fremdsprache geben.
Durchschnittsalter der Fahrlehrer liegt zwischen 45 und 65 Jahren
Im internen Teil der Mitgliederversammlung zeigte Klima auf, wie es um den Verband steht. Ende 2015 umfasste er 1.857 Mitglieder. Der Hauptanteil der Fahrlehrer bewegt sich in einer Altersspanne zwischen 45 und 65 Jahren. Das Durchschnittsalter der Selbstständigen beträgt unverändert 53, das der Angestellten 50 Jahre. Für letztere Gruppe führte der Verband im vergangenen Jahr einen Workshop durch. So will man herausfinden, wie noch mehr Angestellte als Mitglieder gewonnen werden können. Der Vorstand arbeitet dabei eng mit der Arbeitnehmervertreterin Carmen Bonmasser zusammen. Sie wurde am Nachmittag mit überwältigender Mehrheit in ihrem Amt bestätigt. Klima freute es zudem, dass 2015 das Angebot des Verbandes, geplante Werbemaßnahmen auf rechtliche Zulässigkeit zu überprüfen, verstärkt in Anspruch genommen wurde.
Kritik gab es beim Treuhandverein, der die Aufgabe hat, im ganzen Land die Fahrschulen gleichmäßig zu überwachen. Als „Ärgernis“ bezeichnete Klima die schlechte Koordination in manchen Regionen: Statt beispielsweise zwei Fahrschulen miteinander zu überwachen und dafür einen Termin etwas zu verschieben, muss jeder den langen Anfahrtsweg separat bezahlen.
Dieter Quentin: "Wir werden auch in Zukunft Fahrlehrer haben."
Dieter Quentin, der 2. stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, setzte sich mit der Frage auseinander, ob die beruflichen Grundlagen der Fahrlehrer zukunftsfähig sind. Eine positive Entwicklung sei der steigende weibliche Anteil. Mittlerweile betrage dieser über neun Prozent. „Offensichtlich ist der Fahrlehrerberuf für unsere Frauen doch wesentlich interessanter geworden“, freute sich Quentin. Mit Blick auf die Altersstruktur der Fahrlehrer brauche der Berufszweig aber dennoch dringend Nachwuchs, stellte er fest. Doch auch hier hatte Quentin eine gute Nachricht: Denn laut der Fahrlehrerausbildungsstätten ist die Zahl der Fahrlehreranwärter in den vergangenen zwölf bis 18 Monaten gestiegen. „Dass wir in der Zukunft ganz wenig Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer haben werden, möchte ich in diesem Fall Gott sei Dank, in Frage stellen“, so Quentin. Zudem genieße der Beruf des Fahrlehrers in der Bevölkerung einen sehr guten Ruf.
152.000 Einbrüche gemeldet
Eine unerfreuliche Zahl nannte Rolf Schrade, Vorstand der Fahrlehrerversicherung: 152.000 Einbrüche wurden im vergangenen Jahr gemeldet. „Die Einbrüche finden nicht mehr, wie der ein oder andere vielleicht glaubt, in der Adventszeit oder wenn es dunkel ist, statt“, klärte Schrade auf. Die Täter stiegen am hellichten Tag ein. Die Aufklärungsquote liege gerade einmal bei 16 Prozent. Und selbst wenn die Tat aufgeklärt werde, sei ein Schadenersatz bei einem mittellosen Täter nicht durchsetzbar. Meist entstünden bei solchen Einbrüchen hohe Schäden. Nicht allein durch die Dinge, die gestohlen werden, sondern auch durch den Vandalismus beim Einbruch selbst.
Hauptsponsor Volkswagen hatte für die Anwesenden dann noch eine Überraschung im Gepäck: 14 Tage vor der offiziellen Markteinführung brachten sie den neuen Tiguan mit. An den vielen Ausstellungsständen im Foyer konnten die zahlreichen Besucher unter anderem den neuen Volkswagen genau in Augenschein nehmen.
(jg)