Begonnen hatte der Tag mit der Begrüßung durch Martin Fellmer in der Stadthalle in Werl. Bürgermeister Thorben Höbrink überbrachte die Grüße der Stadt und freute sich über seine Stammgäste. „Mit 18 Führerschein, das war für mich der Inbegriff von Freiheit“, erinnerte er sich an seine Fahrschulzeit.
Kurt Bartels, erster stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung sowie Vorsitzender des Nachbarverbandes Nordrhein, gratulierte zum 70. Geburtstag. „Wir haben als erster Verband gemeinsam in Deutschland ein Angestelltenkolloquium durchgeführt. Das war ein großer Erfolg.“ Es sei wichtig, sich um die Angestellten zu kümmern. Gemeinsam nutzen Westfalen und Nordrhein die neuen Räumlichkeiten im Verkehrsinstitut in Unna. „Ich kann mir gut vorstellen, dass wir in Zukunft viele gemeinsame Veranstaltungen machen werden.“
„Brauchen die Ideen der Jüngeren“
Nach den Grußworten ergriff Christoph Polarczyk, vierter stellvertretender Vorsitzender, das Wort und sprach im Namen von sechs Vorstandsmitgliedern. Er erklärte, dass sie nicht mit allen Abläufen der Vorstandsarbeit einverstanden seien. „Dies bezieht sich mehr auf das Wie der Vorstandsarbeit als auf den Inhalt.“ Die Kritikpunkte sollten dann unter dem Punkt Verschiedenes angesprochen werden, aber aus Gründen der Transparenz sollten die Mitglieder gleich zu Beginn darüber informiert werden. In der Mittagspause ergab sich für alle Beteiligten die Gelegenheit, noch einmal miteinander zu reden. Mit Erfolg, denn alle beschlossen, die Probleme intern aufzuarbeiten, sehr zu Freude von Martin Fellmer. „Das ist menschliche Größe.“ Der Vorstand muss vorerst allerdings ohne einen zweiten stellvertretenden Vorsitzenden auskommen. Michael Echelmeyer ist kurzfristig aus persönlichen Gründen von allen Ämtern zurückgetreten.
Martin Fellmer ging in seinem Geschäftsbericht zunächst auf die aktuellen Mitgliederzahlen ein. Zum Jahresende 2022 verzeichnete der Verband 1578 Mitglieder, davon waren 170 weiblich. Sorge bereitet nach wie vor die Altersstruktur, die „uns zu denken geben muss. Wir müssen mehr und jüngere Mitglieder bekommen“. Der Verband brauche auch die Ideen der jüngeren Menschen. Die Zahl der Hauptstellen ist um 81 und die der Zweigstellen um 40 gesunken, insgesamt sind damit im Verbandsgebiet 2214 Haupt- und Zweigstellen aktiv.
Verband geht Thema Inklusion an
Die wirtschaftliche Situation der Fahrschulen sei gut und habe eine Vollauslastung erreicht. „Corona hat keine Auswirkungen mehr“, freute sich Fellmer. Auf der anderen Seite seien aber die Kosten stark gestiegen, unter anderem werden höhere Gehälter bezahlt.
Er informierte über zahlreichen Aktivitäten des Verbandes. Eine Besonderheit sind dabei fünf neue gebildete Arbeitsgruppen, für die Diplom-Pädagogin Claudia Ewers-Lauer fünf Logos entwickelt hat. Das sind die Arbeitsgruppen Motorrad, Qualität, Inklusion, Lkw/Bus und Angestellte. Claudia Ewers-Lauer stellte die fünf Gruppen vor. In der Arbeitsgruppe „Inklusion“ geht es unter anderem um die „einfache Sprache“. „Es gibt doch noch sehr viele fachspezifische Ausdrücke in den Fragebögen, und damit haben diese Menschen Schwierigkeiten“, erklärte Claudia Ewers-Lauer. „Wir brauchen noch zusätzliche Mitglieder, die die einzelnen Gruppen unterstützen.“
„Inklusion ist ein Riesenthema und auch ein schwieriges Thema. Nach meinem Kenntnisstand sind wir mit Unterstützung vom Verband Nordrhein die ersten, die das Thema überhaupt angreifen“, sagte Martin Fellmer. Das ziehe nun so langsam Kreise, und auch der Bundesvorstand zeige sich interessiert.
Viele Probleme bei den Prüfplätzen
Martin Fellmer ging kurz auf den TÜV ein. „Das letzte Jahr war Chaos. Es gab viele Probleme.“ In fast allen Bereichen habe es große Verzögerungen bei den Prüfungen gegeben. „Die namentliche Nennung ist angekündigt vom TÜV, aber sie wird anders umgesetzt, als sie angekündigt war“, berichtete Fellmer von Gesprächen mit dem TÜV. Die namentliche Nennung wird zehn Arbeitstage vorher umgesetzt, und der Name lässt sich noch bis in die Prüfung ändern. Fellmer warnte aber davor, einen Dummy-Namen einzusetzen.
René Wolke, stellvertretender TP-Leiter NRW TÜV Nord, berichtete im externen Teil darüber, dass das Prüfungsniveau wieder auf dem Stand von 2019 angekommen ist und Corona überwunden sei. „Demnächst können wir unsere Zahlen wieder mit dem Vorjahr vergleichen.“ Er zeigte sich auch mit der Arbeit des TÜV zufrieden und verglich die Zahlen mit dem europäischen Ausland. „So schlecht haben wir unsere Arbeit nicht gemacht.“ Bei den Fahrerassistenzsystemen sei bislang nur ganz moderat geprüft worden. Die Prüfung selbst habe sich kaum verändert. „Wir gucken ja immer noch auf die gleichen Sachen“, sagte Wolke. Entscheidend sei, dass der Prüfling sich sicher im Straßenverkehr bewegt. Der TÜV Nord hat eine neue Hardware für die Theorieprüfung installiert und dabei auf Drucker verzichtet. „Es gibt also nach der Prüfung keinen Ausdruck mehr“, erklärte Wolke. Die Prüflinge können aber online oder per App ihre Ergebnisse abrufen. „Dazu benötigen wir aber eine E-Mail-Adresse und die muss auch verifiziert sein. Wenn auf die Bestätigungsmail geantwortet wurde, gibt es auch das Dokument.“
Externer Teil der Versammlung des Fahrlehrerverbandes Westfalen
Zum 70. Geburtstag gratulierte Regierungsdirektorin Judith Grothe vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW. „Ich habe in den letzten viereinhalb Jahren sehr viele engagierte Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer kennengelernt.“ Sie bedankte sich ausdrücklich für dieses Engagement und die gute Arbeit für die Verkehrssicherheit.
Online-Theorieunterricht sei nur möglich gewesen, weil es die entsprechenden Genehmigungen gegeben habe. Diese Genehmigungszeiträume seinen mittlerweile in NRW, aber auch in anderen Bundesländern ausgelaufen. Seitdem sei dieser nur noch unter strengen Voraussetzungen möglich. „Grundsätzlich steht das Landesverkehrsministerium den Themen E-Learning und Digitalisierung im Fahrschulbereich aufgeschlossen gegenüber, aber es muss halt sichergestellt sein, dass der Distanzunterricht die gleiche Qualität erfüllt, wie der Unterricht Face-to-Face, also der Präsenzunterricht“, sagte Judith Grothe. Derzeit werde in einer Arbeitsgruppe, in der sie ebenfalls aktiv ist, das Thema behandelt. Zudem gebe es OFSA II, da habe es ein Eckpunktepapier gegeben, das bei der Verkehrsministerkonferenz in Aachen beschlossen worden sei. „Grundsätzlich ist sich darauf verständigt worden, dass Theorieunterricht in Präsenz durchzuführen ist.“ Inwieweit Online-Unterricht eingebunden werden kann und soll, sei noch nicht endgültig festgelegt worden.
Bartels: „Ein toller Beruf, von dem man leben kann“
Kurt Bartels hatte berufsständische Informationen der Bundesvereinigung mitgebracht. Corona sei eine Riesenherausforderung für die Fahrlehrer gewesen, aber mittlerweile sei die wirtschaftliche Situation wieder gut und die Auftragsbücher voll, sagte er, „wir haben gut kalkuliert“. Nicht nur die Fahrschulinhaber, sondern auch die angestellten Fahrlehrer können von ihrem Beruf leben. „Man kann jungen Menschen wieder den Rat geben, das ist ein toller Beruf, den man erlernen und von dem man auch leben kann.“
Der Fahrlehrermangel sei kein spezifisches Problem der Branche, denn der Fachkräftemangel ziehe sich durch alle Bereiche und das in ganz Europa. „Es fehlt vor allem an Nachwuchs in den Fahrerlaubnisklassen A, CE und DE. Und das, obwohl man die Eingangsvoraussetzungen zurückgesetzt hat“, sagte Bartels. Das liege auch daran, dass die Interessenten zunächst einmal selbst die Fahrerlaubnis erwerben müssen. „Da kommen oftmals viele, viele Fahrlehreranwärter, die haben gerade mal erst ihren Führerschein gemacht. Ich glaube, man muss sich Gedanken darüber machen, ob das der richtige Weg ist.“ Der Anteil der Frauen im Beruf steige, aber nicht in dem Maße, in dem man das im Verkehrsministerium erwartet habe. „Ich bitte darum, die Eingangsvoraussetzungen einfach noch einmal zu überdenken“, wünschte sich Bartels, damit dieser tolle Beruf so viele Frauen begeistere, wie er es auch verdient habe.
„Es wäre schön, wenn man den digitalen Führerschein hätte“, ging Bartels auf die Ausführungen von Judith Grothe ein. Aber das sei in Deutschland wohl so schnell nicht umsetzbar. „Es ist ja selbst in Nordrhein-Westfalen schwierig, überhaupt mal online einen Antrag zu stellen.“ Er vermute, dass die Politiker zum größten Teil gar nicht wissen, worum es geht, wenn sie sagen, dass die Fahrschulen digitalisiert werden sollen. „Die Fahrschulen sind digitalisiert. Unsere gesamte Administration ist digitalisiert“, sagte Bartels. „Aber Online-Unterricht ist die schlechteste Form der Digitalisierung. Das, was der Präsenzunterricht bringt, dem einzelnen Schüler und dem Sozialgefüge Straßenverkehr, ist über online nicht machbar.“