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Nicht nur an die Kosten denken

05.04.2016 15:24 Uhr
Die Mitglieder des Fahrlehrerverbands Niedersachsen bestätigten in Hannover ihren Vorsitzenden Dieter Quentin einstimmig im Amt
© Foto: Thomas Cyganek

Die Mitglieder des Fahrlehrerverbands Niedersachsen diskutierten in ihrer Jahreshauptversammlung den Stand der Fahrlehrerrechtsreform. Sie bestätigten in Hannover außerdem ihren Vorsitzenden Dieter Quentin einstimmig im Amt.

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Die Mitglieder des Fahrlehrerverbands Niedersachsen diskutierten in ihrer Jahreshauptversammlung den Stand der Fahrlehrerrechtsreform. Sie bestätigten in Hannover außerdem ihren Vorsitzenden Dieter Quentin einstimmig im Amt.

„Mobilität ist im sozialen Wandel“, sagte Hannovers Bürgermeisterin Regine Kramarek in ihrem Grußwort an Niedersachsens Fahrlehrer. Dieser Entwicklung müsse Rechnung getragen werden, denn Mobilität sei eines der „wichtigsten Grundbedürfnisse“ im 21. Jahrhundert. „Ihr Berufsstand spielt dabei eine große Rolle, deswegen ist  eine gute Fahrschulausbildung von enormer Bedeutung“, betonte sie. Obwohl der Führerschein für Jugendliche und Erwachsene nach wie vor erstrebenswert sei, schmelze die wichtige Zielgruppe der 17- und 18-Jährigen kontinuierlich ab. Gute Konzepte, um die jungen Menschen zu erreichen, seien deswegen unverzichtbar und nur mit hoher Qualität machbar. „Denn die Lust am Autofahren ist ungebrochen“, sagte Kramarek.

Für den Fahrlehrerberuf werben

Dieter Quentin berichtete im internen Teil der Veranstaltung über leicht fallende Mitgliederzahlen im zweitgrößten BVF-Verband Deutschlands. 2.225 Fahrlehrer hätten sich 2015 im  Verband engagiert. Man sehe deutlich, „dass uns das Schicksal der meisten Vereine und Verbände ereilt hat“, stellte Quentin fest. Tröstlich sei, dass der niedersächsische Verband seit Anfang des Jahres viele neue Mitglieder begrüßen habe können. Die Altersgruppe ab 50 Jahren stelle die größte Gruppe dar. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass man älter werde, sagte Quentin, „umso wichtiger ist, dass wir für unseren Beruf werben, um eine noch weitergehende Überalterung zu vermeiden.“

Beim Thema Reform des Fahrlehrerrechts ging Quentin unter anderem auf die umstrittene Abschaffung des Tagesnachweises ein. Der Tagesnachweis sei ein ideales Instrument zum Arbeitszeitnachweis von Selbstständigen, als Vorlage zur Rechnungslegung und zur Durchsetzung von Forderungen. Er ermögliche die formale Überprüfung der Ausbildung. „Wenn dieser wegfällt, muss ich mir als Unternehmer ein anderes Instrument überlegen“, gab Quentin zu bedenken. Es handle sich um keine echte Entbürokratisierung, sondern „nur um eine Verschiebung“.

Quentin stellte zum Abschluss seines Geschäftsberichts eine neue Dienstleistung seines Verbandes vor: In Zukunft werde Rechtsanwalt Thomas Lustenberger allen Mitgliedern kostenlos für eine telefonische oder persönliche Erstberatung zur Verfügung stehen. Der Vertrag ist laut Quentin auf ein halbes Jahr beschränkt. Im Anschluss an seinen Vortrag stand die Wahl des ersten Vorsitzenden des Fahrlehrerverbands Niedersachsen an. Dieter Quentin wurde einstimmig wiedergewählt.

Kooperationen mit Fahrlehrern gewünscht

Tobias Heilmann, der Verantwortliche für Fahrschulen bei Volkswagen, ging zunächst auf die Volkswagen-Rückrufaktion ein. Er entschuldigte sich und bedankte sich bei den Fahrlehrern, die trotz allem „nicht mit Kaufzurückhaltung agiert“ hätten. Er stellte den Ablauf der Rückrufaktion dar, die die Motoren 1,2 Liter TDI, 1,6 Liter TDI und 2,0 Liter TDI betrifft. Während die kleinste und die größte Motorisierung ein reines Software-Update bekämen, sei beim 1,6-Liter-Motor ein Hardware-Zusatz nötig. Die Software-Aktualisierung dauere in der Werkstatt etwa 15 Minuten, erklärte Heilmann.

Er präsentierte mit dem neuen Touran und neuen Tiguan (Ende April erhältlich) zwei neue Modelle. Beide hätten viele neue Fahrerassistenzsysteme und den ergoActive-Sitz für den Beifahrer, der in der Fachausstellung zum Probesitzen bereitstand.  Das Thema Fahrassistenzsysteme lag Heilmann am Herzen: Er würde sich wünschen, das „Sie als Fahrschulen eine Kooperation mit unseren Autohäusern eingehen, um dort die Fahrerassistenzsysteme zu erklären“, wandte er sich an die Fahrlehrer. Verkäufer hätten oft keine Zeit dazu.

Warnung vor Einbrüchen

Andreas Anft gab einen Einblick in das abgelaufene Geschäftsjahr der Fahrlehrerversicherung (FV): Die FV hatte im vergangenen Jahr 79.604­ Kunden (2014: 79.633) und nahm 65.1 Millionen Euro über die Beiträge ein (2014: 62.9). 19.601 Kfz-Schäden waren zu verzeichnen (2014: 18.917). Unter dem Stichwort „Räuber-Republik Deutschland“ warnte Anft vor Einbrüchen in die Geschäftsräume von Fahrschulen. Insgesamt habe es im vergangenen Jahr 152.000 Einbrüche dieser Art gegeben, nur 16 Prozent konnten aufgeklärt werden. Diese Einbrüche seien oft mit Vandalismus verbunden, Schadenersatzansprüche oft nicht durchsetzbar, da der Täter mittellos sei. Anft empfahl die Beratung durch die Fahrlehrerversicherung.

Bernd Rimpl stellte Zahlen und Daten zum Geschäftsjahr 2015 des TÜV Nord vor. Bei der theoretischen Prüfung etwa beständen 30,4 Prozent die Prüfung in Niedersachsen nicht, das sei etwas besser als der bundesweite Durchschnitt. Je nach Bundesland liege dieser zwischen 26,6 und 42,5 Prozent. Das seien „kaum verständliche Unterschiede“, meinte Rimpl, zumal es sich immer um die gleichen Fragen handeln würde. Beim Begleitenden Fahren BF 17 stellte er eine Sättigung fest. Es sei sogar ein Rückgang zu erwarten. Als Grund führte Rimpl an, dass Führerscheinanfänger älter würden – und nicht mehr 17 oder18 Jahre alt seien.

Streitpunkt Ausbildungsdauer

Claudia Fehrens nahm als Vertreterin des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu einigen Punkten der Fahrlehrerrechtsreform Stellung – unter anderem zum Wunsch der Fahrlehrerschaft, die Dauer ihrer Ausbildung auf mehr als zwölf Monate auszudehnen: „Diese Ausdehnung muss mit Inhalten gefüllt werden“, gab sie zu bedenken.  Dem Gesetzgeber müsse genau dargelegt werden, dass die zu unterrichtenden Inhalte genau so viel Zeit in Anspruch nähmen. „Ich denke, das ist derzeit  das Problem“, sagte sie.

Erstaunt zeigte sich Fehrens  über die lange Diskussion beim Verkehrsgerichtstag, als es um den Wegfall des Berichtshefts ging. „Das hat mich sehr gewundert“, sagte sie. Sie tendiere dazu, das Berichtsheft abzuschaffen. Falls dieses Bestandteil der Fahrlehrerprüfung sein solle, müsse sichergestellt sein, dass der Prüfungsanwärter dieses selbst geschrieben habe.

Dieter Quentin ging auf Fehrens‘ Ausführungen ein: Die Reform könne nicht von reinen Kostengedanken getragen werden. Bei der Dauer der Ausbildung seien 16 Monate, und nicht 12, wie die BASt vorgeschlagen habe, angemessen. Das Berichtsheft sehe er nicht als Bürokratie, sondern als pädagogisches Instrument für die  Ausbildung. Man könne sich nicht beeinflussen lassen von „Schwarzen Schafen, die dieses aus dem Internet laden würden“, sagte Quentin. „Niemand kommt in Handwerksberufen auf die Idee, das Berichtsheft abzuschaffen.“

Junge Fahrlehrer fehlen

Peter Glowalla blickte in seinem Vortrag ebenfalls auf den Verkehrsgerichtstag 2016 zurück. In Goslar seien die Reformpläne sehr engagiert diskutiert worden, allerdings auf zweifelhafter Basis, wie Glowalla meinte: Diskussionsgrundlage sei normalerweise ein Gesetzesentwurf, „aber wir hatten nur ein unverbindliches Schwerpunktpapier“. Damit hätte man nicht sachgerecht diskutieren können.

Aber Glowalla ging auch mit dem eigenen Berufsstand ins Gericht: Fahrlehrer können mit Assistenzsystemen noch nicht in dem Maße umgehen, wie sie es sollten. „Das können wir uns nicht leisten“, warnte er. Fahrschulen hätten die Lufthoheit bei den  Fahrerassistenzsystemen und beim teilautomatisierten Fahren abgegeben. „Wir haben noch drei bis fünf Jahre Zeit um am Markt zu bleiben“, sagte er.

Seiner Ansicht werde 2025 außerdem ein Tiefpunkt bei der Zahl der 17-jährigen, also der potenziellen Fahrschüler, erreicht. Dies wirke sich das auf die Zahl der Fahrlehrer aus, sagte Glowalla. „Es fehlen junge Fahrlehrer an allen Ecken und Ende.“

(tc)


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