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Vorbildliches Bayern

19.04.2023 11:27 Uhr | Lesezeit: 7 min
Fan der Fahrlehrer: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann freute sich, in Bamberg dabei zu sein und sprach ein Grußwort
© Foto: Gerhard Grünig

Am 17./18. März lud der Landesverband Bayerischer Fahrlehrer (LBF) zur Infoveranstaltung und Mitgliederversammlung nach Bamberg. Der „Hegel-Saal“ bot einen ansprechenden Rahmen für den regen Austausch der gut 200 Mitglieder und die Präsentationen der 20 Aussteller. Selbst der bayerische Innenminister Joachim Herrmann gab sich die Ehre und lobte den Berufsstand.

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Da fiebert man als 1. Vorsitzender auf seine Mitgliederversammlung hin, bereitet die Themen vor, stimmt sich mit den Referenten ab und sorgt für ein ansprechendes Rahmenprogramm – und dann schmeißt einen eine herzhafte Frühlingsgrippe nieder. So erging es Jürgen Kopp, dem 1. Vorsitzenden des LBF, den es so heftig erwischt hatte, dass er an beiden Tagen ans Bett gefesselt war. Gut, wenn man mit Siegfried Winter und Schorsch Meier einen 2. und 3. Vorsitzenden hat, die spontan das Heft an sich rissen, die Redebeiträge des 1. Vorsitzenden unter sich aufteilen, und los ging’s mit der Informationsveranstaltung und Mitgliederversammlung in Bamberg.

OFSA II kommt – aber später

Ein Garant für Information bei gleichzeitig hohem Unterhaltungswert ist nach wie vor DFA-Präsident Gerhard von Bressensdorf, der zum Thema OFSA II Stellung nahm: „Wie’s aussieht“, so von Bressensdorf, „wird OFSA II vor 2024 nicht umgesetzt werden … Man merkt, mit der Digitalisierung geht alles viel schneller!“ Damit hatte der ehemalige Bundesvorsitzende nicht nur die Lacher auf seiner Seite, sondern auch die zögerliche Umsetzung des Gesetzgebers thematisiert. Gerhard von Bressensdorf kritisierte außerdem eine aus seiner Sicht falsche Priorisierung. Während zum Beispiel bei OFSA II alles sehr langsam geht, „ist es für mich unverständlich, dass der Gesetzgeber den Einsatz von Fahrsimulatoren bereits jetzt vorschreiben will – obgleich ich natürlich zugebe, dass man damit viel machen kann.“

Der DFA-Präsident ging in seinen Ausführungen auch auf die jüngst von einigen Medien geäußerte Kritik ein, welche den Fahrschulen die hohen Durchfallquoten anlastet. „Die Lernstandskontrolle ist doch ein Indiz dafür, dass wir in Deutschland professionell ausbilden!“ Von Bressensdorf sieht einen Teil der Schuld eher bei aktuellen – fallweise Corona geschuldeten Entwicklungen. „Der Präsenzunterricht in der Fahrschule ist aus meiner Sicht der Kern der praktischen Ausbildung. Bei einer digitalen Ausbildung geht der persönliche Kontakt verloren. Da kann man niemanden ‚auffangen‘, falls es Probleme gibt.“ Einen weiteren Kritikpunkt sieht er bei der Möglichkeit, dass Fahrschüler relativ problemlos die Fahrschule wechseln können: „Das ‚Gehopse‘ von einer Fahrschule zur nächsten kann man doch nicht wollen und für gut befinden …“ Zum Thema Digitalisierung, bei dem von Bressensdorf die Fahrschule gut aufgestellt sieht, meint er zum Schluss seiner Vortrags: „Stellen sie mal einen digitalen Antrag auf eine Fahrerlaubnis. Da sind es doch meist die Behörden, die nicht wissen, wie das geht!“

Lernstandskontrolle wichtig

Auch wenn der DFA-Präsident die Lernstandskontrolle in Bayern als Erfolgsfaktor wertet, relativierte Bianca Bredow, eLBe-Verantwortliche, als Vortragende ein wenig Kritik in der bundesweiten Praxis. Nach ihren Ausführungen hängt der Lernerfolg von der Intelligenz und der Motivation des Fahrschülers ab, zu einem hohen Anteil aber auch von der pädagogischen Ausbildungsqualität. „Die Realität sieht leider so aus, dass mehr als die Hälfte der Fahrlehrer keine regelmäßige Lernstandskontrolle durchführt. Das ist umso fataler, weil sich Fahrschüler nach unseren Erkenntnissen meist positiver einschätzen, als es die Fahrlehrer tun.“ Um dem Thema künftig mehr Schwung zu geben, stellte Bredow Neuerungen in eLBe vor, unter anderem geplante Verbesserungen bei der Bewertung über neue, einfacher identifizierbare Elemente – Smileys – sowie eine neue Kurz- bzw. ausführliche Bewertung.

Zum Nachmittag des Informationstages informierte der 3. Vorsitzende des LBF Schorsch Meier über das Berufskraftfahrerrecht und über die in Kraft getretene Richtlinie 2022/2561, die als kodifizierte Fassung eine Zusammenfassung der ursprünglichen Richtlinie und ihrer Änderungen darstellt. Meier erläuterte außerdem, dass es 2022 rund 20.000 bestandene Prüfungen bei den Berufskraftfahrern gab. Für die anwesenden Fahrlehrer hatte er noch den Tipp parat, aufs Impressum der eigenen Website zu achten. „Wir müssen die Anerkennungsbehörde aufführen. Da sollte dann korrekt die Regierung der Oberpfalz stehen!“ 

Heiß diskutierte Prüfungsfahrt

Marcellus Kaup vom TÜV SÜD sah sich vor allem im zweiten Teil seines Vortrags zum Thema Fahrassistenzsysteme und praktische Fahrprüfung einigen Diskussionen ausgesetzt. Während aktuelle Änderungen vom Auditorium noch gut angenommen wurden – so etwa die Möglichkeit bei der Nutzung eines Parkassistenten in der Prüfung durchaus drei oder vier Korrekturzüge, statt der üblichen zwei zu gestatten, gab es beim Thema „Abbiegen eines Lkw in Schrittgeschwindigkeit“ durchaus Diskussionen. Kaup erläuterte, dass aus seiner Sicht der Abbiegevorgang abgeschlossen ist, „wenn der Zug komplett aus der Straße weg ist, aus der er kommt.“ Einfach formuliert, wenn der Gefahrenpunkt überwunden ist. Im Anschluss wurde heiß diskutiert, ob das der Gesetzgeber so gemeint hat, ob man dann etwa beim Grünpfeil rechts überhaupt mit dem Lkw abbiegen kann oder soll und ob die Regelung auch bei einer abknickenden Vorfahrt gälte …“ Die FAHRSCHULE wird sich in einer der nächsten Ausgaben noch einmal intensiv mit dem Thema beschäftigen.

Zum Schluss seiner Ausführungen erläuterte Marcellus Kaup, dass die viel diskutierten 4.250 Kilo Gesamtgewicht für die Klasse B nicht generell zur Geltung kommen. „Diese Tonnagegrenze steht nur in Verbindung mit emissionsfreien Antrieben in der Gesetzesvorlage. Was da an Berichterstattung lief in vielen Medien ist schlicht und ergreifend falsch!“ Immerhin bestätigte er, dass das Begleitete Fahren für Lkw eingeführt werden kann – Betonung auf kann.

Vorstand entlastet

Im Fortgang der Mitgliederversammlung ehrte der LBF am Samstag insgesamt 13 Mitgliedern, die das 50. Jubiläum feiern konnten. Anwesend war Gert Peter Jung aus Volkach, der unter dem Applaus des Publikums vom anwesenden Vorstand die traditionelle Urkunde überreicht bekam. Erwartungsgemäß wurde der Vorstand, nach dem Bericht des Rechnungsprüfers und der Feststellung der Stimmberechtigung entlastet. Dem Antrag des 2. Vorsitzenden Siegfried Winter, den Mitgliedsbeitrag des LBF nicht zu erhöhen, wurde erwartungsgemäß stattgegeben. Bei der Vorstellung des aktuellen Geschäftsberichts konstatierte Siegfried Winter, dass 2022 in nahezu allen Fahrerlaubnisklassen eine Steigerung festzustellen war und dass die Regierung von Oberbayern bei den obligaten Fahrschulüberwachungen bei 88,7 Prozent zu einem mängelfreien Ergebnis kam

Winter erklärte aber auch, dass die Zahl der Fahrschulen insgesamt rückläufig wäre. „Hatten wir 2019 noch 2.046 Hauptstellen sowie 1.898 Zweigstellen in Bayern, so sind es Stand Februar 2023 nur noch 1.804 Haupt- sowie 1.602 Zweigestellen.“ Mit aktuell 2.088 Mitgliedern im BVF ist immerhin die Zahl der organisierten Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer leidlich stabil geblieben. Das Geschäft insgesamt stellte Winter als erfreulich stabil mit Zuwächsen in so ziemlich allen Bereichen dar: „Bei AM haben wir im Vergleich 2021 zu 2022 einen sensationellen Zuwachs von 123 Prozent. Aber auch bei B und BE liegt die Steigerung bei über 12 Prozent, beim BEF sogar bei über 18!“ Sicher auch erfreulich sind Steigerungsraten bei C/CE von knapp 12 Prozent – einzig die Klasse DE zeigt einen Einbruch um 14,5 Prozent.

„Profski“ Klemens Skibicki schloss die Versammlung mit seinem mitreißenden Vortrag zum Thema: „Pandemie, Inflation, Digitalisierung – wie wild werden denn die 2020er-Jahre noch?“. Er betonte die Wichtigkeit des Präsenzunterrichts in der Fahrschule und nahm damit auf dieses aktuelle und wichtige Thema Bezug. Skibicki sprach den Fahrlehrern sichtlich aus dem Herzen

Jochen Krebs, Leiter der Serviceline der TÜV SÜD Auto Service GmbH, stellte den Teilnehmern den neuen „Drivers Club“ vor und wie dessen digitale Struktur den Prüflingen wie auch den Fahrschulen die administrativen Tätigkeiten rund um die Prüfungen erleichtern soll. Zudem wartete Krebs mit einer durchaus erfreulichen Botschaft auf: „Die viel diskutierten, angeblich steigenden Nichtbestehensquoten kann ich nach unseren Erhebungen für Bayern nicht bestätigen!“, sagte er.

Fan der Fahrlehrer: der Innenminister

Nach dem schönen Motto „Je später der Abend …“, gab sich zum Abschluss der Mitgliederversammlung der bayerische Innenminister Joachim Herrmann die Ehre. Ihm war der Besuch beim LBF, dem er seit langer Zeit verbunden ist, so wichtig, dass er ihn am Samstag zwischen zwei andere Termine schob. „Meine geschätzten Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, Sie sind das Rückgrat der Verkehrssicherheit!“, lobte Herrmann die rund 200 Anwesenden mehrfach in seiner 45 minütigen Redezeit. Er bedankte sich ganz ausdrücklich für das Engagement des LBF im allgemeinen und dem der bayerischen Fahrlehrer im Speziellen. „Die Ausbildungsqualität in Bayern ist spitze, der Stellenwert Ihres Gewerbes für die Verkehrssicherheit unbestritten.“


Mitgliederversammlung Bayern 2023

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