Dem Urteil, über das unter anderem das Portal kostenlose-urteile.de berichtet, lag dieser Fall zugrunde: Im August 2019 kam es an einem Bahnübergang in Niedersachsen zu einer Kollision zwischen einem Pkw und einer Regionalbahn, bei der sich die Pkw-Fahrerin schwer verletzte. Wegen eines Defekts funktionierten weder die Schranken noch die Lichtanlage. Wegen Bewuchses war die Sicht auf die Bahnstrecke außerdem eingeschränkt, weshalb die Fahrerin den herannahenden Zug nicht bemerkte. Der Zugführer hatte noch gebremst als er bemerkte, dass die Schranken oben waren. Die Bahn bestritt im Anschluss jede Verantwortung für den Unfall, zahlte der Frau aber ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro. Das war der Pkw-Fahrerin aber zu wenig und sie klagte.
Alleinhaftung der Bahn
Das Landgericht Bückeburg erklärte die Beklagte als allein für den Unfall verantwortlich und sprach der Klägerin weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 56.000 Euro zu. Die Beklagte ging in Berufung – doch das Oberlandesgericht Celle bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Die Begründung: Grundsätzlich könne ein Kraftfahrer bei straßenseitig ausgeschalteten technischen Sicherungsanlagen an Bahnübergängen darauf vertrauen, dass sich kein Zug nähert. Bei einem Zusammenstoß wegen geöffneter Schranken sei deshalb grundsätzlich von der Alleinhaftung des Bahnbetreibers auszugehen. Eine Mithaftung des Kraftfahrers komme in Betracht, wenn der herannahende Zug für diesen erkennbar war – was hier nicht der Fall war.
Oberlandesgericht Celle
Aktenzeichen 14 U 133/22