Wie sind die aktuellen Entwicklungen im Fahrlehrer- und im Fahrerlaubnisrecht? Wie ist der Stand bei der Berufskraftfahrerqualifikation? Wo stehen die Fahrschulen bei dem Druck ständiger Veränderungen und dem Einfluss des demografischen Wandels? Wie wird Mobilität in Zukunft aussehen?
All diese Fragen waren Thema der Jahreshauptversammlung des Landesverbandes Bayerischer Fahrlehrer und der wie immer sehr gut besuchten Diskussionsveranstaltung, die es in Bayern traditionell am Vortag der Versammlung gibt.
Viele Fragen, die den Fahrlehrern auf den Nägeln brannten, beantwortete Ministerialrat Timo Payer vom Bayerischen Innenministerium bereits bei der Diskussionsveranstaltung. Zum Beispiel zum Punktestand des Begleiters bei BF17: „Es gilt der Zeitpunkt der Beantragung der Fahrerlaubnis. Kommen anschließend noch Punkte hinzu, ändert sich an der Begleitung nichts.“
Payer erwartet recht kurzfristig eine Anpassung der Bußgelder, die von der Systematik nicht mehr richtig zur geänderten Straßenverkehrsordnung (StVO) passen. Die Geringfügigkeitsgrenze werde in diesem Zuge voraussichtlich von 35 auf 55 Euro angehoben. Es gebe bereits eine Arbeitsgruppe. Das Handyverbot müsse ausgeweitet werden auf andere ablenkende Tätigkeiten, so der Ministerialrat. „Wir denken da vor allem in Richtung Neue Medien.“
In punkto MPU sollen sich Betroffene künftig im Internet informieren können. Die Bundesanstalt für Straßenwesen werde auf ihrer Website www.bast.de im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums Infos zum Thema Fahrerlaubnisverlust bereitstellen.
Für die StVO sei bereits eine Reparaturverordnung in Arbeit. So soll beispielsweise vor Schulen künftig leichter Tempo 30 angeordnet werden können.
Viele Fragen rund um die Berufskraftfahrerqualifikation
Sehr viel Raum nahmen bei der Diskussionsveranstaltung am Vortag die schweren Klassen ein. Hierbei ging es unter anderem um die mit der „10. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ einhergehenden Absenkung des Mindestalters für die Klassen C und D in bestimmten Fällen sowie um den Umstand, dass künftig für den Erwerb der Grundqualifikation die entsprechende Fahrerlaubnis nicht mehr erforderlich ist. Eine umfassende Tabelle mit verschiedenen Modellen zur Verdeutlichung des Verhältnisses der Vorbereitung auf die Grundqualifikation zur Fahrausbildung hatte der bayerische Landesvorsitzende Dr. Walter Weißmann für seine Mitglieder zusammengestellt. Payer brachte für die Parallelität der beiden Ausbildungsgänge ein gewisse Sympathie auf, was von den anwesenden Fahrlehrern sehr positiv aufgenommen wurde.
Hans-Peter Neppel vom TÜV Süd kündigte an, dass Fahrlehrer künftig nicht nur Prüfplätze für die Theorieprüfung, sondern auch ihre Punkte für die praktische Prüfung online bestellen können. Außerdem sollen die Prüflinge künftig direkt vom TÜV Überweisungsträger für die Zahlung der Prüfgebühr zugeschickt bekommen, um den Verwaltungsaufwand in den Fahrschulen zu minimieren.
„Was aber nicht passieren darf, ist, dass der Fahrlehrer den Schüler drei Tage vor dem Prüftermin von der Liste runternehmen muss, weil er bis dahin noch nicht bezahlt hat“, betonte Weißmann. „Das wäre ein Fiasko!“ Es sei natürlich etwas anderes, wenn der Schüler am Prüfungstag noch nicht bezahlt habe.
Deutliche Worte fand der Landesvorsitzende auch zum Thema getönte Scheiben, die sich auch wieder in der neuen Prüfungsrichtlinie finden werden: „Durch den technischen Fortschritt ist es mittlerweile möglich, bei Scheibentönung von innen nahezu genauso gut herauszusehen wie ohne Tönung. Man muss die Dinge, die sich weiterentwickeln, auch entsprechend berücksichtigen!“ In ganz Europa gebe es kein Land mit einer derartigen Regelung, sagte der Vorsitzende des Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) Gerhard von Bressensdorf.
Behörde greift durch bei Betrug
„Null Toleranz bei Ausbildungsbetrug“ – gemäß dieser bei der Mitgliederversammlung 2013 in Würzburg gefassten Devise hat auch die Behörde durchgegriffen im Fall der Aachener Fahrschule, die in Bayern Weiterbildungsbescheinigungen nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz verkauft hat. „Die Behörde hat geprüft, wer bei der besagten Fahrschule die Weiterbildung gemacht hat. Diese Leute mussten ihren Führerschein abgeben. Sie müssen jetzt die fünf Tage Weiterbildung nachholen und können dann den Führerschein mit der Schlüsselzahl 95 wieder beantragen“, informierte Weißmann seine Mitglieder.
Die Behörde frage jetzt auch häufig bei Berufskraftfahrern nach, ob sie die bescheinigte Weiterbildung tatsächlich besucht haben, und lasse sich dies schriftlich bestätigen. Eine Maßnahme, von der die ordnungsgemäß arbeitenden Fahrschulen letztendlich profitieren, so Weißmann, der den Fahrlehrern riet, ihren Teilnehmer schon vorab im Unterricht zu sagen, dass sie von der Behörde mit dieser Frage konfrontiert werden könnten.
Nicht nur der Weiterbildungsbetrug war 2013 ein Ärgernis. Ärgerlich war auch der nicht gerade von Kompetenz zeugende Versuch eines Fahrschulpreisvergleichs des Automobilclubs Europa (ACE). „Der hatte bei uns nachhaltige Auswirkungen“, so Weißmann, „weil viele Fahrschulen auf einmal in den Bereichen mit höheren Preisen Zweigstellen aufgemacht haben.“
Positiv war 2013 dagegen der Rückgang an Wettbewerbsverstößen. Immer mehr Fahrschulen nutzen den kostenlosen Service des Verbandes und fragen vorab, „was geht und was nicht“, so Weißmann.
Sehr positiv war auch die Bilanz der Zusammenarbeit des Verbandes mit der Minerva Kundenrechte. Weißmann: „Bislang konnte für 106 Mitglieder eine Verbesserung erzielt werden. Insgesamt liegen die Einsparungen bei 313.000 Euro jährlich.“ Das heißt: Im Durchschnitt spart jedes dieser Mitglieder nun jährlich 2.954 Euro an Krankenversicherungsbeiträgen.
Nicht nur diese 106 Mitglieder waren offensichtlich zufrieden mit der Arbeit ihres Vorstandes. Sowohl Dr. Walter Weißmann als auch sein 2. Stellvertreter Jürgen Kopp wurden bei der turnusgemäßen Wahl mit großer Mehrheit wiedergewählt.
Umfassende Infos vom Bundesvorsitzenden
Weniger erfreulich war das, was BVF-Vorsitzender Gerhard von Bressensdorf den Teilnehmern aufzeigte. Seit einigen Jahren stehen Fahrschulen zunehmend unter dem Druck ständiger Veränderungen – Reformen von FeV, Verkehrszentralregister und Prüfungsrichtlinien sowie die Optimierung der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung sind nur einige der Veränderungen, die die Fahrlehrerschaft zu bewältigen hatte. Bressensdorf: „Nicht nur Fahrlehrer haben damit zu kämpfen, sondern auch die Behörden. Man muss schon wissenschaftlich vorgehen, um zu wissen: Was gilt denn jetzt überhaupt? Wir haben kein Gesetz, bei dem bei Inkrafttreten nicht schon an der Reparaturverordnung gearbeitet wird.“
Änderungen werde es auch bei der Fahranfängervorbereitung geben. Dies müsse allerdings mit Augenmaß erfolgen, so der Bundesvorsitzende. „ Wir brauchen eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Fahrausbildung und keine Revolution!“ Er forderte die Fahrlehrer auf, hier mitzugehen. „Wir dürfen nicht stehenbleiben!“
„Derzeit brauchen wir eineinhalb Erden“, sagte Zukunftsforscher Dr. Ulrich Ebert, der den Versammlungsteilnehmern zeigte, wie Mobilität im Jahr 2050 voraussichtlich aussehen wird. „Das heißt: Wir nutzen heute die Erde zu 50 Prozent mehr als sie sich regenerieren kann. 2050 brauchen wir drei Erden, wenn sich nichts ändert!“ Bei den Energiesystemen seien CO2-freie Energien die Lösung, so Ebert. „Wir stehen am Beginn eines neuen Stromzeitalters.“ Es werde einen Boom der Elektroantriebe geben. „Ich bin davon überzeugt, dass 2050 im Stadtverkehr die Elektroautos dominieren werden.“ Das seien dann „Roboter auf Rädern“, die mit anderen Fahrzeugen sowie der Infrastruktur kommunizieren und autonom fahren.
(bub)