Für die Berliner Fahrlehrer ist es einer der wenigen Orte, an denen sie mit ihren Motorradschülern üben können, ohne die Verkehrssicherheit zu gefährden: der Platz des 4. Juli. Doch seit Längerem steht die Nutzung der Fläche im Stadtteil Lichterfelde zur Debatte. Zum einen dürfen zwar laut Straßenverkehrsordnung auf öffentlicher Straße keine Leitkegel aufgestellt werden, für die Ausbildung sind diese jedoch notwendig. Dieser Widerspruch führte bereits mehrmals zu Diskussionen mit Polizisten, die die Fahrlehrer dazu aufforderten, die Leitkegel zu entfernen.
Zum anderen beschweren sich immer wieder Anwohner über die angebliche Lärmbelästigung durch die Fahrstunden auf dem Platz. „Wir brauchen diesen Platz aber dringend, um dort mit unseren Fahrschülern gefahrlos üben zu können. Und Alternativen gibt es in Berlin nur wenige“, betonte Peter Glowalla, Vorsitzender des Fahrlehrer-Verbands Berlin, auf der Mitgliederversammlung im Hotel Estrel. Zumal der Verkehrslärm vor allem durch die Fahrzeuge verursacht werde, die auf der angrenzenden Straße unterwegs sind oder durch Privatpersonen, die den Platz nachts zum Spaß nutzen.
Selbstverpflichtung zur Nutzung des Platz des 4. Juli
Um hier eine langfristige und für alle akzeptable Lösung zu finden, fand mehrmals ein Runder Tisch gemeinsam mit Anwohnern, Vertretern der Prüfstellen und Politikern statt. Das Ergebnis: Der Fahrlehrer-Verband Berlin hat eine Selbstverpflichtung entworfen, nach der der Platz des 4. Juli nur noch für Motorradfahrstunden zwischen 8 und 19 Uhr genutzt werden soll. „Wir als Verband werden so lange wie möglich versuchen, den Status quo zu erhalten und haben dafür getan, was wir konnten“, sagte Glowalla. „Jetzt liegt es an euch, dass so viele wie möglich die Selbstverpflichtung unterschreiben und wir diese Kompromisslösung durchsetzen. So können wir es gemeinsam schaffen, dass uns der Platz des 4. Juli erhalten bleibt“, ergänzte der Landesvorsitzende und 1. Stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF).
Ein weiteres landesverbandsspezifisches Thema ist die Fahrschulüberwachung. „Der Senat wollte durchsetzen, dass es in Berlin nach dem Modell wie in Brandenburg eine Fahrschulüberwachung ohne Vorwarnung gibt“, berichtete Glowalla. Da im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung jedoch die Reformierung des Fahrlehrergesetztes festgeschrieben ist, stellte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung alle Aktivitäten zu diesem Thema vorerst zurück, um die Gesetzesänderungen abzuwarten.
Unangekündigter Rücktritt
Für eine Überraschung sorgte der 2. stellvertretende Vorsitzende Olaf Kobow. Er trat ohne Kenntnis des Vorstandes von seinem Amt zurück. Zum Anlass nahm Kobow die Abstimmung über die Regelung der Sitzungsgelder anstelle der bisher praktizierten Pauschalierung. Diese bezeichnete er bezugnehmend auf seine Erfahrung aus früheren Jahren als problematisch, obwohl er einräumte, dass die Regelung vom Vorsitzenden diesmal gut vorbereitet schien. Glowalla hatte zuvor deutlich darauf hingewiesen, dass die Pauschalierung nicht von der Satzung des Verbands abgedeckt sei. Die Versammlung stimmte daraufhin für die neue Regelung bei einer Gegenstimme von Kobow. Auch in der neuen Reglung darf die Höhe des bisherigen Pauschalbetrages nicht überschritten werden. Glowalla nahm die Entscheidung seines Stellvertreters zum Anlass, ihm für sein Jahrzehnte währendes Engagement als Pressereferent und Vorstandsmitglied seinen Respekt auszusprechen. Die Nachwahl des jetzt unbesetzten Vorstandspostens erfolgt satzungsgemäß in der Jahreshauptversammlung 2015.
Sanierung der Berliner Straßen soll vorangetrieben werden
Im öffentlichen Teil der Jahresversammlung sprach Christian Gaebler, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, über Gesetzesänderungen, die in den vergangenen Monaten verabschiedet wurden. „Ziel der Reform des Fahreignungsregisters war es, einfacher, gerechter und transparenter zu werden. Ob die Reform tatsächlich durchgängig sinnvoll ist, muss jeder selbst entscheiden“, sagte der SPD-Mann und gestand: „Das Gesetz war vor Abschluss der vergangenen Legislaturperiode nicht in allen Bereichen vollständig.“ Umso mehr danke er den Fahrlehrern für den erarbeiteten Fragen- und Antwortenkatalog, der inhaltliche Fragen offendeckte und zur Lösung dieser beitrug.
Außerdem betonte Gaebler, dass sein Amt strukturierte und planbare Jahresraten für die Sanierung der Straßen plane. Derzeit werden jährlich 300 Millionen Euro für die Sanierung und den Bau neuer Straßen ausgegeben. 25 Millionen stehen für ein Sonderprogramm zur Instandsetzung der Infrastruktur zur Verfügung. „Wir können leider nicht alle Maßnahmen auf einmal durchführen. Wir müssen versuchen, eine Gradwanderung zwischen Sanierung und den damit verbundenen Baustellen zu finden, die ja wiederum eine Verkehrsbehinderung sind.“ Abschließend bedankte sich der Politiker für die streitbare, aber immer konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Fahrlehrern.
Helmut Enk, Leiter der Technischen Prüfstelle bei der Dekra, und Andreas Röse, Leiter der Technischen Prüfstelle des TÜV in Berlin, referierten unter anderem über Neuerungen in den Prüfungen. Im Fokus standen dabei die Einführung der bewegten Bilder in der theoretischen Prüfung sowie das elektronische Prüfprotokoll für die praktische Prüfung. Hier soll im September ein Modellversuch gestartet werden, an dem auch Berlin teilnimmt. Interessierte können sich in der Geschäftsstelle des Fahrlehrer-Verbands Berlin melden, um weitere Informationen zu erhalten. Zudem berichteten die Vertreter der Prüfer über die Bestehensquote, die sich konstant positiv hält.
Als Ergänzung zu den Ausführungen von Helmut Enk referierte sein Kollege Dr. Andreas Schmidt, Leiter Fahrerlaubniswesen bei Dekra, über Motorradschutzbekleidung, die seit kurzem in der Ausbildung und Prüfung Pflicht ist. Er berichtete, wie Hose, Jacke, Handschuhe, Schuhe und Stiefel konkret beschaffen sein müssen, um von den Prüfern nicht beanstandet werden zu können.
Abschluss des öffentlichen Teils der Veranstaltung machte Andres Anft, Vorstandsmitglied der Fahrlehrerversicherung. Er freute sich über einen steigenden Bestand an Fahrzeugen, die inzwischen bei dem Stuttgarter Unternehmen versichert sind. Damit ist auch eine Zunahme der Beiträge auf 60,6 Millionen Euro im vergangenen Jahr verbunden. Diese Beiträge wurden unter anderem für einen großen Schadenfall sowie für die Hagelschäden 2013 aufgewendet.
(ab)