Der 4. Mai 1954 war ein ganz besonderer Tag für den Fahrlehrerverband Nordrhein. An diesem Tag wurde offiziell die Satzung des Vereins eingetragen. Deswegen gab es auf der diesjährigen Mitgliederversammlung im Kristallsaal der Koelnmesse auch einen Grund zu feiern. „Dieses Jubiläum ist Motivation und Verpflichtung zugleich, in Zukunft weiterhin eine anständige Arbeit zu leisten“, betonte Arnold Wymar, 1. Vorsitzender der Nordrheiner, bei der Eröffnung der Versammlung.
Lobende Worte für die langjährige gute Zusammenarbeit mit dem Fahrlehrerverband Nordrhein gab es beispielsweise auch von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Brauckmann, Vorstandsmitglied des TÜV Rheinland Berlin Brandenburg Pfalz. Er erinnerte an „Meilensteine“, die in den letzten 60 Jahren gemeinsam bewältigt wurden: Etwa die Einführung der schriftlichen Theorieprüfung im Jahr 1964, die Prüfung am PC im Jahr 2009 oder jüngst die Umsetzung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie. Über allem stand ein gemeinsames Ziel: „Junge Leute zu sicheren Fahrern auszubilden“, betonte Brauckmann. „Seit 60 Jahren bewegen Sie was – und auch uns“, führte der TÜV-Mann weiter aus. Durch das Feedback des Verbandes könne der Service der TÜV ständig weiterentwickelt werden.
Doch nicht nur das 60-jährige Verbandsjubiläum war Grund dafür, dass sich an diesem Tag etwas mehr Mitglieder, Gäste und Ehrengäste zusammengefunden hatten, als sonst bei einer Mitgliederversammlung üblich. Hochrangige aktive und ehemalige Vertreter von Prüforganisationen, politischen Institutionen und Vertreter aus nahezu allen Landesverbänden der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) waren nach Köln gereist, um Arnold Wymar, der an diesem Tag seine letzte Mitgliederversammlung als 1. Vorsitzender bestritt, für seine langjährige Tätigkeit zu würdigen.
Goldene Ehrennadel der BVF
„Er hat dem Berufsstand seinen Stempel aufgeprägt“, lobte etwa der BVF-Vorsitzende Gerhard von Bressensdorf die Arbeit Wymars. Dem großen Motorradfan bescheinigte der Bundesvorsitzende einen „besonders hohen Benzinanteil im Blut“. In 24 Jahren habe er an 96 Vorstandssitzungen teilgenommen – und damit keine einzige verpasst. Für sein Engagement überreichte von Bressensdorf die Goldene Ehrennadel der BVF an Wymar.
In seinem Vortrag fand von Bressensdorf wie gewohnt klare Worte. In Sachen Fahreignungsseminar betonte der BVF-Mann, dass es sich hier um ein Gesetz handle, das im Vermittlungsverfahren „ohne den erforderlichen Sachverstand“ zustande gekommen sei. „Man kann das Verhalten von Menschen nicht in einer Kurzdressur verändern“, sagte er in Anspielung auf die neue Kursdauer. Die Kritik am alten Aufbauseminar für Punkteauffällige (ASP) wies von Bressensdorf deutlich zurück: Man habe kritisiert, dass ASP lediglich eine 50-prozentige Erfolgsquote aufweisen konnte. Zum Vergleich: Der Diagnosewert von Ärzten liege bei etwa 20 Prozent. Doch ein Punkt mache ihn besonders zornig: „Die Psychologen sind nicht vorbereitet.“ Während die Fahrlehrerschaft mit Hochdruck daran gearbeitet hat, pünktlich zum 1. Mai 2014 flächendeckend Verkehrspädagogen auszubilden, haben die Verkehrspsychologen dies versäumt. „Hier hätte die Politik mehr Druck machen müssen“, betonte der BVF-Vorsitzende.
Ministerialrat Dieter Kettenbach vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen fand ebenfalls wenig nette Worte für die Reform des Verkehrszentralregisters und das neue Fahreignungsseminar. Zwar sei positiv, dass das System zu einer Vereinfachung der Punkteberechnung beigetragen habe und feste Tilgungsfristen eingeführt wurden. Doch das Fahreignungsseminar sei „gänzlich danebengegangen“ und unterscheide sich kaum von den Konzepten für den ASP-Kurs.
Zukünftig werden Prüfernamen nicht mehr bekanntgegeben
Für eine Überraschung im Saal sorgte Kettenbach mit seiner Ankündigung, dass ab 1. August 2014 im Land Nordrhein-Westfalen die Prüfernamen nicht mehr im Vorhinein bekanntgegeben werden. Es komme immer wieder vor, dass Prüftermine abgesagt werden, weil den Schülern der Prüfer nicht passt. Doch schließlich werden die Schüler nicht auf einen bestimmten Prüfer vorbereitet, sondern darauf, sich nach der Prüfung verkehrssicher allein im Straßenverkehr motorisiert bewegen zu können. Daher sei der Erlass an die Technischen Prüforganisationen ergangen, dass der Prüfername nicht mehr bekanntgegeben werden darf.
Innerhalb der Fahrlehrerschaft ist die Diskussion um die Prüfernamen kein neues Thema. Für die Branche sei jedoch nur eines von Bedeutung: „Allen Fahrschulen soll der Prüfername gleichermaßen bekannt oder unbekannt sein“, wie Gerhard von Bressensdorf in diesem Zusammenhang betonte. „Es gibt immer wieder Schlupflöcher“, weiß der BVF-Vorsitzende. Manche Fahrschulen hätten einen speziellen Draht zu Prüforganisationen und würden sogar damit werben, dass sie den Prüfernamen ihren Schülern schon vorab nennen könnten. Diese Lücke müsse man „komplett dicht machen“, denn es könne nicht angehen, dass nur ein ausgewählter Kreis davon profitiere. Seitens der BVF gebe es einen klaren Bundesbeschluss, der die Nennung des Prüfernamens vor der praktischen Fahrt vorsieht, weil eben diese Lücke nicht geschlossen werden könne.
Bewegend war das Jahr für die Fahrlehrerversicherung. Besonders schwere Unwetterschäden trieben die Schadenquote des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit in die Höhe, wie Rolf Schrade, Mitglied des Vorstands, berichtete. Der Hagelsturm „Andreas“ etwa, der im Süden der Republik wütete, schaffte es auf Anhieb auf den ersten Platz der Top Ten der größten Schadenereignisse in der Geschichte der Fahrlehrerversicherung.
Seinen letzten Jahresbericht eröffnete Wymar mit der Entwicklung der Mitgliederzahlen. 1.465 Mitglieder zählt Nordrhein aktuell. Von 58 Neuaufnahmen sind 13 Fahrlehrer jünger als 30 Jahre. Dennoch zeichnet sich auch bei den Rheinländern eine ähnliche Entwicklung ab, wie in der gesamten Verbandslandschaft: Im vergangenen Jahr hat der Verband mehr Mitglieder – aus unterschiedlichen Gründen – verloren als neue hinzugekommen sind. Um den Verband bei potenziellen Neumitgliedern bekannter zu machen, stellen sich die Nordrheiner in Fahrlehrerausbildungsstätten vor. Außerdem gibt es die Möglichkeit, eine Schnuppermitgliedschaft abzuschließen. Ein Jahr lang können Fahrlehrer in Ausbildung kostenlos alle Vorteile des Verbandes nutzen. Dieses Angebot ist sehr erfolgreich: „Fast alle Schnuppermitglieder werden nach dem kostenlosen Jahr zu Vollmitgliedern“, berichtete Wymar.
Neben dem Mitgliederrückgang ist auch ein Schwund bei den Betriebsstellen zu beobachten. Waren im Jahr 2007 noch 2.062 Betriebsstätten geöffnet, sank die Zahl bis 2013 auf 1.860. Neben der Entwicklung der Betriebsstätten betrachtete Wymar auch die Zahl der 18-Jährigen im Verbandsgebiet: Fanden in den vergangenen Jahren durchschnittlich 53 18-Jährige den Weg zu einer Fahrschule, waren es 2013 nur noch 48 Schüler pro Betriebsstätte. Und auch hier ist ein weiterer Rückgang in den nächsten Jahren zu erwarten. Daher mahnt Wymar: „Fahrlehrer sind gezwungen, sich neue Geschäftsfelder zu suchen, in denen sie ihre Kompetenzen zeigen können.“ Gefordert seien kreative Ideen für neue Geschäftsfelder.
Kaum positive Worte fand Wymar für die in Kraft getretene Reform des Verkehrszentralregisters. Diese Reform stand unter dem Druck der Bundestagswahl und es wurden „viele faule Kompromisse eingegangen“. Doch – besonders beim FES – habe die BVF „für Fahrlehrer den Fuß in der Tür gehalten“. Der ursprüngliche Plan sah vor, das Seminar ohne Beteiligung der Fahrlehrerschaft abzuhalten.
Ein "Dankeschön" für 24 Jahre Vertrauen
Zum Abschluss seines Geschäftsberichts sprach Wymar seine Dankbarkeit an seine Mitglieder aus: „Vielen Dank, dass Sie mir 24 Jahre lang Ihr Vertrauen geschenkt haben.“ Er betonte, wie schön der Beruf des Fahrlehrers ist, wie glücklich ihn seine Aufgabe macht. Man habe die Möglichkeit, junge Menschen auf dem Weg zum Führerschein zu begleiten. „Wir können Erfolg und Misserfolg hautnah miterleben.“
Bei den turnusmäßigen Wahlen stand Wymar nicht mehr als erster Mann zur Verfügung. Zu seinem Nachfolger auf diesem Posten wurde einstimmig Kurt Bartels, vorher zweiter Mann, gewählt. Auf ihn folgte ein neues Gesicht: Volker Freigang übernimmt nun Verantwortung im Vorstand. Doch die wirkliche Überraschung folgte bei der Wahl des 2. Stellvertreters. Arnold Wymar trat auf Bitten von Bartels nochmals an. Und seine Mitglieder, die ihm 24 Jahre lang die Treue gehalten und ihm ihr Vertrauen geschenkt haben, taten dies einstimmig für eine weitere Amtszeit. Was Trude Herr einst in Köln sang, passte an diesem Tag gut : „Niemals geht man so ganz.“