Detlef Mühlast bekannte sich am Morgen, ziemlich aufgeregt zu sein. Was nicht wundernahm, schließlich war es die erste Mitgliederversammlung des Landesfahrlehrerverbands Saar, die er als erster Vorsitzender eröffnen durfte. Die ersten acht Monate seiner Amtszeit nutzte Mühlast, wie er im internen Teil der Veranstaltung kundtat, um den Kontakt zum Ministerium, den Fahrschulbehörden und dem TÜV Saarland wiederzubeleben, aber auch um die Wirtschaftlichkeit der Servicegesellschaft zu sichern. Maßgeblich dafür seien die Einnahmen aus den Fortbildungen. „Bitte macht diese bei uns“, forderte Mühlast die Mitglieder auf und sagte zu, die Zeitrahmen geplanter Seminare künftig früher zu verkünden.
Außerdem sprachen sich die Mitglieder überwiegend für die Anregung des Vorstands aus, Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den Verbänden Rheinland und Pfalz auszuloten. Ähnlich wie im Norden, wo gerade ein Nordverbund entsteht, könnte eine Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung im „Südwestverbund“ gipfeln, führte Mühlast aus.
Audi empfiehlt Erdgas-Reihe
Im offiziellen Teil am Vormittag hatte der Landesvorsitzende auch schon durchschimmern lassen, weshalb eine gemeinsame Versammlung Sinn machen würde: In den vergangenen Jahren haben sich die großen Automobilhersteller zunehmend aus dem Sponsoring zurückgezogen. „Aber Audi steht noch wacker bei uns“, bedankte er sich bei Audi-Vertreter Bernd Nentwig. Dieser hatte gleich zwei Fahrzeuge in Fahrschulausstattung im Gepäck: einen Q5 und einen A3 Sportback g-tron. „Derzeit ist es schwierig, sich zu entscheiden, ob man einen Diesel wählen soll. Aber dazu gibt es jetzt eine sehr gute Alternative: unsere g-trons, wie die im vergangenen Jahr eingeführten Audi A4 und A5“, sagte Nentwig. Der Erdgas-A5 (CNG) emittiere beispielsweise bis zu 80 Prozent weniger CO2. Im vergangenen Jahr wurden 25 Prozent aller verkauften A3 g-tron an Fahrschulen verkauft. Große Hoffnungen setzt Nentwig zudem in den neuen Q3, der Ende des Jahres auf den Markt kommen soll.
Anhand des Premium-Fahrzeugs A8 veranschaulichte Nentwig, wo sich für Fahrschulen künftig Marktchancen ergeben: 41 Assistenzsysteme unterstützen den Fahrer, sofern er sie bedienen kann. Hier könnten Fahrlehrer mit Schulungsangeboten Kunden gewinnen.
Streitpunkt fachlich-pädagogische Überwachung
Auf eine „Tour d’Horizon“, einen informativen Überblick, wollte sich Hans-Peter Schäfer, Polizeidirektor und Leiter des Referats Straßenverkehr und Straßenverkehrssicherheit, mit seinem Vortrag begeben – mit einigen Ausführungen manövrierte er sich aber eher auf eine Tour ins Wespennest von Kurt Bartels, zweiter stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung.
Als Topthema der vergangenen Monate machte der Vertreter des Verkehrsministeriums die Einführung der pädagogisch-qualifizierten Fahrschulüberwachung im Zuge der Rechtsreform aus, die zusätzlich zur Formalüberwachung eingeführt wurde. „Die Fahrschulüberwachung soll so gestaltet werden, dass sie finanziell wie zeitlich in engen Grenzen abläuft.“ Sie solle aber auch dazu beitragen, die Ausbildung weiter zu professionalisieren. Die Formalüberwachung werde zu reduzieren und ein Konzept für die pädagogisch-qualifizierte Überwachung zu erarbeiten sein. Das neue Konzept sieht in pädagogischer Hinsicht ein „sehr geeignetes Personal“ vor, dass im Saarland zur Verfügung stehe, nämlich Personal, dass sowohl fahrschultechnisch ausgebildet ist, aber auch über eine hochwertige Pädagogikausbildung verfügt. Diese Überwacher sollten nicht für die Formalüberwachung zuständig sein, erklärte Schäfer.
Mit leisem Unbehagen habe er diese Ausführungen verfolgt, befand Kurt Bartels einige Minuten später. Im Allgemeinen störe er sich an dem Begriff „Überwachung“, er suggeriere demjenigen, der in die Fahrschule kommt, Fehler finden zu müssen. Wenn die Aufsichtsbehörden die verkehrspädagogische Arbeit verbessern wollen, sollte das bei der Umbenennung in den eigentlichen Grund der Überwachung anfangen: „Es geht doch um Qualitätssicherung!“
Konkret kritisierte Bartels den Ministeriumsvertreter für seine Überwachungsdefinition: „Er spricht immer nur von pädagogischer Überwachung, in §51 Absatz 2 Satz 2 FahrlG geht es aber um die Beurteilung der fachlichen und pädagogischen Überwachung. Ich bezweifle, dass ein Lehrer oder Pädagoge, die fachlichen Kompetenzen eines Fahrlehrers beurteilen kann.“ Verkehrspädagogik dürfe nur Mittel zum Zweck sein, aber nicht zum Selbstzweck werden. Von einer pauschalen Gruppenarbeit in jeder Unterrichtseinheit etwa, rät Bartels ab. „Wir müssen aufpassen, dass wir die Kirche im Dorf lassen – auch die Kosten müssen im Rahmen bleiben.“
Maximal 2.000 Euro für die Ausbildung?
Bei einem weiteren Thema aus dem Vortrag von Schäfer musste Bartels eigenen Angaben zufolge an sich halten: Was darf ein Führerschein kosten? In einem Auszug aus einem nicht näher spezifizierten Entwurf hatte Schäfer vorgestellt, dass eine Obergrenze eingeführt werden soll. Demnach dürfe der Führerschein in Ostdeutschland nur noch 1.400 Euro kosten, in Westdeutschland 1.800 bis 2.000 Euro. „Es steht durchaus zu erwarten, dass das irgendwann auch Gegenstand einer weiteren Diskussion werden wird“, hatte Schäfer angekündigt.
„Wie kann sich denn ein Gesetzgeber hier so hinstellen und so etwas sagen?“, echauffierte sich Bartels, „wenn ich so etwas sage, habe ich das Kartellamt vor der Tür stehen.“ Gute Fahrlehrer müssten auch gut bezahlt werden. Weil Fahrschüler durch veränderte Rahmenbedingungen heute üblicherweise 40 bis 45 Fahrstunden zur Prüfungstauglichkeit brauchen und nicht mehr 20 bis 25 wie früher, könne man eine Ausbildung nicht zu diesen Preisen leisten. „Sicherheit kann man nicht zum Nulltarif haben!“, schimpfte Bartels. Im Gegenteil: Die Ministerien sollten sich lieber dafür einsetzen, den Fahrlehrern als wichtigen Verkehrspädagogen zu einer angemessenen Bezahlung zu verhelfen, forderte der zweite stellvertretende Bundesvorsitzende.
Einig sind sich Schäfer und Bartels, dass die Umschreibungen nach §31 FeV für Engpässe bei den Prüfkapazitäten gesorgt haben. Entscheide der Fahrlehrer bei den gewöhnlichen Führerscheinprüfungen aufgrund seiner besonderen Kenntnisse, wann der Proband die Prüfungsreife besitze, so sorge das Fehlen dieser Regel bei den Umschreibungen dazu, dass Prüfungen „in erheblichem Maße“ (Schäfer) nicht bestanden werden. Das Saarland habe sich federführend dafür eingesetzt, dass ein Änderungsentwurf in Arbeit sei, der Fahrlehrern die Möglichkeit und Verpflichtung eröffnet, die Prüfungsreife von Drittstaatlern festzustellen, bevor diese zur praktischen Fahrerlaubnisprüfung angemeldet werden.
TÜV Saarland: Fahrerassistenzsysteme bieten Geschäftsmodell
Das automatisierte Fahren wird den Fahrlehrerberuf massiv verändern. Das glaubt der Geschäftsführer des TÜV Saarlands Automobil, Berthold Wallrich. Der Schulungsbedarf hinsichtlich Fahrerassistenzsystemen werde steigen und ein gewiefter Fahrlehrer könne daraus ein Geschäftsmodell entwickeln. Dann müsse der TÜV in der praktischen Prüfung verpflichtend testen, ob der Schüler sowohl die Steuerung mit als auch ohne Assistenzsysteme beherrscht.
Missstände bei Wartezeiten auf Prüftermine, räumte Wallrich ein. In Erweiterung des bekannten Zitats von Bundeskanzlerin Merkel, sagte er: „Ja, wir schaffen das. Aber nicht von heute auf morgen.“ Der TÜV habe verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um mehr Prüfungstermine anbieten zu können, zum Beispiel durch verlängerte Arbeitszeiten während der Urlaubssaison und die Ausbildung eines zusätzlichen Mitarbeiters. Zudem würden kurzfristig frei gewordene Termine direkt in das Prüfungsmanagement-Portal TEDIS eingestellt. „Eine verfehlte Personalpolitik kann ich jedoch angesichts der gefahrenen Punkte nicht erkennen“, sagte Wallrich.
Im anschließenden Vortrag forderte Bartels Wallrich auf, die Prüfkapazitäten nicht verfrüht herunterzufahren. „Ja, es war ein Prüfungshöhepunkt im vergangenen Jahr, aber wir erwarten, dass die Nachfrage oben bleibt.“ Zum einen aufgrund des mutmaßlichen Familiennachzugs nach Deutschland, zum anderen weil eine Prognose darüber, wie viele 18-Jährige in den kommenden Jahren den Führerschein machen wollen, schwer fällt.
Bartels: Entbürokratisierung fehlgeschlagen
Nach der Reform ist vor der Reparatur. Mit diesem Satz forderte Bartels die Saarländer auf, Unebenheiten im neuen Gesetz durch aktive Rückmeldungen an die BVF zu melden. Die Reform habe den Berufsstand zukunftsfähig gemacht, jedoch sei ein Ziel, die Entbürokratisierung, nicht erreicht worden. Der Arbeitszeitnachweis beispielsweise sei nach neuem Recht „in geeigneter Form“ zu erbringen, was im Grunde nichts anderes bedeute, als den bisher erbrachten Tagesnachweis in leicht abgespeckter Form weiterzuführen. Die Unterstützung vom Gesetzgeber wünscht sich Bartels hinsichtlich der Prüfung von Fahrerassistenzsystemen. „Wir müssen gemeinsam mit den Prüfbehörden einen schlauen Weg finden, wie wir die Assistenzsysteme und das automatisierte Fahren in die Ausbildung und die praktische Fahrprüfung integrieren.“
Menschliche Fahrlehrerversicherung
Überwiegend positive Zahlen hatte Thomas Freythaler aus dem Vorstand der Fahrlehrerversicherung zu verkünden: der Auftragsbestand sei stabil, die Kapitalanlage der VaG werde kontinuierlich aufgestockt. „Es kommt immer mal wieder vor, dass uns ein langjähriger Kunde verlässt. Doch nach der ersten Schadensregulierung bei einem großen Versicherer kommen sie schnell wieder zurück“, meinte Freythaler. Die persönliche, menschliche Beratung durch einen im besten Fall dauerhaften Kundenberater sei das Ziel der Versicherung, nicht wie andernorts Telefonate mit einem intelligenten Anrufbeantworter.
(ms)