Peter Pernat, zuständiger Gebietsleiter der Sonderabnehmer-Zielgruppe „Fahrschule“ und Vertreter von Hauptaussteller Audi, bedauerte es zunächst, keinen Audi-Stand im H4 Hotel präsentieren zu können – interne Vorgaben des Ingolstädter Autoherstellers unterbinden das. Dennoch hatte Audi ein betreutes Probefahrterlebnis mit dem neuen e-tron organisiert, was von den Fahrlehrern gern in Anspruch genommen wurde. Dafür konnte das Audi-Zentrum/Leipzig gewonnen werden, „damit Sie live ein Fahrzeug ansehen und ein weiteres Fahrzeug fahren können“, wie Pernat sagte.
Audi: Prüfungstauglichkeit und Fahrschulprogramm ab Werk
Pernat kündigte diverse neuen Audi-Modelle an, wie zum Beispiel den neuen A3 Sportback und die neue A3 Limousine, die beide seit Anfang des Jahres mit Fahrschuleinbau ab Werk bestellbar sind. Außerdem wies er in Leipzig auf den neuen Q5 Sportback hin, für den eine Produktaufwertung umgesetzt wurde, sowie auf die neuen Q4 e-tron/Q4 Sportback e-tron hin, bei denen die Serienproduktion Ende 2020/Anfang 2021 beginnt. „Unser Fokus liegt mehr denn je auf der generellen Prüfungstauglichkeit sowie dem Fahrschulprogramm ab Werk als Prio eins“, sagte Pernat. Die Zielsetzung sei es, das zum jeweiligen Beginn der Serienproduktion zu bekommen. Ein weiterer Fokus sei die E-Mobilität, an der man mit großen Kapazitäten arbeite.
Roland Werner, ehemaliger Staatsekretär im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, blickte als eingeladener Gast zunächst auf das wichtige Thema AM15 zurück, das in Sachsen seinen Anfang als Modellversuch nahm und nun von immer mehr Bundesländern per Optionsmodell übernommen wird. Viele Zigtausend junge Mopedfahrer wurden inzwischen verkehrssicher ausgebildet. Eine echte Erfolgsgeschichte, „made in Sachsen“. Werner machte sich trotz eines veränderten Mobilitätsverhaltens wenig Sorgen um die Zukunft der Fahrlehrerschaft. „Die Dinge ändern sich schnell, aber das Auto wird eine vernünftige Zukunft haben“, sagte er.
80 Prozent Erfolgsquote bei AM15
17 Prozent weniger Prüfungen als im Vorjahreszeitraum habe es während des Lockdowns in Sachsen gegeben, berichtete Andreas Schmidt, Leiter Fahrerlaubniswesen bei Dekra. „Die Vorjahreszahlen sind eventuell wieder erreichbar“, sagte er, aber das sei abhängig vom Infektionsgeschehen. 2019 seien insgesamt 79.357 Prüfungen in der Theorie und 70.654 in der Praxis absolviert worden, davon seien 59 beziehungsweise 65,8 Prozent bestanden worden (TP-weit: 57,9 und 64,8). Im ersten Halbjahr 2020 waren es laut Schmidt 63,1 beziehungsweise 66,7 Prozent (TP-weit 60,2 und 65,2). In der Fahrerlaubnisklasse AM15 waren im Vorjahr 80 Prozent der Prüfungsteilnehmer erfolgreich. Die Erfolgsquote habe sich in Sachsen verbessert, stellte Schmidt insgesamt fest.
Einen unerfreulichen Anstieg gab es dagegen bei den Prüfungsmanipulationen: Um sage und schreibe 95 Prozent hätten diese 2019 Dekra-weit zugenommen, beklagte er, die Anzahl der schwerwiegenden Täuschungsversuche habe bei 43 Prozent gelegen. „Hier besteht unmittelbarer Handlungsbedarf und es sind verschärfte Sanktionen nötig.“ Der Dekra-Vertreter sprach sich dafür aus, Prüfungsbetrug als Straftat zu qualifizieren.
Neue Online-Servicefunktionen der Dekra – Grünewald bemängelt Defizite
Schmidt ging außerdem auf neue Service-Funktionen im Dekra-Fahrschulportal ein. Online-Terminierung von Prüfterminen und eine Online-Abfrage von Bewerberdaten inklusive Upload der Datumsangaben des Ausbildungsabschlusses böten eine „effiziente medienbruchfreie Kommunikation“ zwischen Fahrschulen, TP und Fahrerlaubnisbehörde und mindere außerdem Fehler. „In Sachsen und TP-weit werden inzwischen 69 Prozent aller Prüfungen mit dem elektronischem Ausbildungsnachweis durchgeführt“, sagte Schmidt. Ab 1.6.2020 wurde vom Gesetzgeber zudem die E-Mail-Adresse des Bewerbers in das Antragsverfahren auf Erwerb der Fahrerlaubnis eingeführt. Damit soll laut Schmidt die Qualität und Schnelligkeit des Rückmeldesystems in der Optimierten Praktischen Fahrerlaubnisprüfung (OPFEP) verbessert werden. „Diese E-Mail-Adresse spielt eine wesentliche Rolle“, betonte er.
Andreas Grünewald, der Vorsitzende der sächsischen Fahrlehrer, kritisierte, dass der oben genannte Upload der elektronischen Ausbildungsnachweise „in dem einen oder anderen Fall“ nicht geklappt habe, sodass keine Prüfung habe stattfinden können. „Wir haben dann unseren Fahrlehrern wieder zu Zettel und Stift geraten“, sagte er. Bei der Übersendung der E-Mail-Adresse des Bewerbers befürchtete Grünewald Datenschutzprobleme, „die im Ernstfall den Fahrschulen zugeschrieben werden“. Er könne das ohne ausreichende Regelung nicht empfehlen. „Wir werden damit sorgfältig umgehen, damit dies nicht auf die Fahrlehrer zurückfällt“, sagte er.
BVF kämpft für Theorieunterricht
„Keiner konnte wissen, was 2020 passieren würde, als wir das Thema dieses Vortrags – ‚Fahrschule 2020: Start in ein Jahr voller Herausforderungen‘ – im Herbst 2019 ausgewählt haben“, sagte Jürgen Kopp, der zweite stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF). „Doch dann kam Corona. Wir hatten großes Glück, dass viele gesund geblieben sind und dass die Sache wirtschaftlich gerade noch gut ging.“
Mit Inkrafttreten der neuen Prüfungsrichtlinie zum Jahreswechsel werden sich unter anderem die Prüfzeiten verlängern. Die BVF hat nach eigener Aussage das BMVI gebeten, diese Verlängerung um mindestens ein halbes Jahr ein weiteres Jahr auszusetzen. Geplant ist, dass die Fahrerlaubnisprüfung in der Klasse B künftig 55 statt 45 Minuten dauern wird, davon 30 statt 25 Minuten im Fahrzeug. Man werde dabei einen guten Weg finden, hoffte Kopp. Nächster Punkt in seinem Vortrag war die Fahrerlaubnisklasse B 196. Diese stelle ein neues Betätigungsfeld für die Fahrlehrer da. „Es hat zwar einige wenige schwarze Schafe gegeben, aber die meisten unserer Kollegen arbeiten sauber und exakt“, stellte er klar und gab einen kurzen Überblick. So seien bundesweit bis Anfang September 27.000 Klasse-B-Fahrerlaubnisse um die Schlüsselzahl 196 erweitert erteilt worden. Man könne durchaus von einer „Erfolgsgeschichte“ sprechen.
Ärgernis Online-Unterricht
Bei der Neuregelung der Berufskraftfahrerausbildung dagegen zeigte sich der BVF-Vertreter weniger positiv: Im BKF-Bereich versuche man den Online-Unterricht „ohne Not durchzudrücken“, beschwerte er sich. Kopp sieht dabei einen Angriff auf den Berufsstand, wenn E-Learning im Theorieunterricht zunächst in der BKF-Aus- und Weiterbildung getestet wird und dann später vielleicht auch im regulären Fahrschulalltag eingesetzt werden soll. Ja, sagte er, der Präsenzunterricht müsse auf jeden Fall modern gestaltet werden, dazu gehöre auch, zu überlegen, welche Inhalte online ausgelagert werden können – Stichwort „Blended Learning“.
„Politik darf nicht alles kaputtmachen“
Aber einige Bundesländer hätten während des Corona-Lockdowns ohne Not regulären Online-Theorieunterricht zugelassen, kritisierte er, und damit einer möglichen Gesetzesentwicklung Vorschub geleistet, die den Berufsstand gefährde. „Online-Unterricht wird kommen“, sagte Kopp, „aber der Berufsstand will dann mitreden, welche Teile sich für Online-Unterricht eigenen.“ Man wolle sicher keinen zusammengebastelten Online-Unterricht von branchenfremden Playern, die Fahrlehrer engagieren, deren Unterricht im stillen Kämmerlein filmen und digital übertragen. „Irgendwann hört es auf mit dem Digitalismus, irgendwann ist dann der Theorieunterricht - eines unserer pädagogisch wertvollsten Elemente - weg. Wir alle müssen für unseren Theorieunterricht und letztlich für unsere Branche kämpfen.“ Diese Entscheidungen müssten in einer transparenten politischen Diskussion unter Einbeziehung von Fachexpertise und wissenschaftlicher Unterstützung geführt werden, betont er. Es dürfe nicht ohne Not unter dem Deckmantel von Corona mit einem Federstrich alles kaputt gemacht werden.
Fahrlehrerversicherung schnürte Corona-Hilfspaket
Michael Schaft, der Direktionsbeauftragte der Fahrlehrerversicherung in Sachsen, vertrat in Leipzig den Vorstand seines Unternehmens und präsentierte Zahlen aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr: Die Fahrlehrerversicherung habe 2019 einen Jahresüberschuss von 1,1 Millionen Euro erwirtschaftet, die verdienten Bruttobeiträge betrügen 68,2 Millionen, bei etwas mehr als 438.000 Risiken/Verträgen. „Außergewöhnlich war für uns das Hagelereignis ‚Jörn‘ im Großraum München, das vom Schadenaufwand betrachtet zweitgrößte Naturgefahrenereignis der Fahrlehrerversicherung mit 1,85 Millionen Euro“, sagte er. Mit Blick auf die Corona-Pandemie habe man kurzfristig das FV-Hilfspaket geschnürt, sagte Schaft. 4.600 Versicherungsnehmer hätten mehr als 30.000 Fahrschulfahrzeuge fiktiv außer Betrieb gesetzt, sodass nach der Bearbeitung von rund 30.000 Verträgen – 4.000 davon wurden manuell bearbeitet – am 9. Juni Beitragsrückerstattungen erfolgen konnten. So sei ein „niedriger siebenstelliger Betrag“ an die Versicherungsnehmer zurückgezahlt worden.
Scharfe Kritik an Online-Theorieunterricht
In seinem Geschäftsbericht blickte Andreas Grünewald dann zunächst auf die zahlreichen Aktivitäten seines Verbandes in den Jahren 2019 und 2020 zurück, ehe der Lockdown am 19. März zuschlug. „Wir sind sehr professionell und demütig mit diesem Thema umgegangen“, sagte er. Das habe dazu geführt, dass man recht schnell wieder habe weitermachen können. Während dieser „Vollbremsung des öffentlichen Lebens“ habe man verbandsseitig seriös informiert, welche Hilfen und Hygieneschutzkonzepte es gebe – zum ersten Mal auch in Videokonferenzen.
Kein gutes Wort hatte Grünewald übrig für die derzeit in manchen Bundesländern mögliche Anerkennung von Ausbildungsnachweisen nach abgeschlossenem „Online-Theorieunterricht“. So eine Anerkennung werde es in Sachsen nicht geben, stellt er klar. Nur wer am pädagogisch ausgerichteten Theorieunterricht teilgenommen habe, bekomme diese. Die Deutsche Fahrlehrerakademie habe gerade jetzt dazu eine interessante, wissenschaftlich fundierte Studie erstellt.
Mit Blick auf Dekra hoffen die sächsischen Fahrschulen auf eine ausreichende Prüfplatzbereitstellung im Jahr 2021 nach Inkrafttreten der Prüfzeitverlängerung, sagt Grünewald an die Prüforganisation gewandt.
Zum Schluss seines Geschäftsberichts verkündete der Vorsitzende noch sehr erfreuliche 44 neue Mitglieder im Sächsischen Landesverband binnen eines Jahres. Insgesamt hat der sächsische Landesverband nun 381 Fahrlehrer in seinen Reihen. „Das ist unser aller Erfolg“, sagte Grünewald. „Wir werden alles tun, um das weiterzuführen.“