Im Fall, über den unter anderem das Portal kostenlose-urteile.de berichtet, kam es im Mai 2022 auf einer Kreuzung zu einem Unfall zwischen zwei Pkw. An der Kreuzung galt „rechts-vor-links“. Eine Pkw-Fahrerin wollte nach rechts abbiegen, die andere Pkw-Fahrerin kam ihr entgegen und wollte ebenfalls nach rechts abbiegen. Dabei kam es zur Kollision. Am Fahrzeug der Rechts-Abbiegerin entstand ein Schaden in Höhe von 3.700 Euro. Die Haftpflichtversicherung der entgegenkommenden Fahrerin übernahm aber nur 75 Prozent, weshalb sie auf Zahlung des restlichen Schadenersatzes klagte.
Das Amtsgericht St. Wendel wies ihre Klage zunächst ab. Der Grund: Die Klägerin habe lediglich den von rechts kommenden Verkehrsraum beobachtet. Dagegen legte sie Berufung ein. Das Landgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr stehe der Anspruch auf vollen Schadenersatz zu. Die Beklagte habe durch die Verletzung des Vorfahrtsrechts der Klägerin den Unfall allein verschuldet. Bei einer „rechts-vor-links“-Kreuzung dürfe ein Verkehrsteilnehmer grundsätzlich darauf vertrauen, so das Landgericht, dass der von links kommende Verkehrsteilnehmer sein Vorfahrtsrecht beachtet. Aus der Rücksichtnahmepflicht folge nicht, dass der wartepflichtige Verkehrsraum nach links auch schon während der Annäherung an die Einmündung ununterbrochen beobachtet werden müsse. Zumal bestehe die Pflicht, von rechts kommenden Verkehrsteilnehmern die Vorfahrt zu gewähren. Daher stelle es einen Pflichtenverstoß dar, wenn ausschließlich nach links geschaut wird.
Landgericht Saarbrücken
Aktenzeichen 13 S 30/23