Dem Rechtsstreit, über den die Plattform onlineurteile.de berichtet, lag folgender Vorfall zugrunde: Ein Bauunternehmen verlegte im Auftrag der Stadtwerke Leitungen an einer abschüssigen Straße. Zu diesem Zweck frästen die Bauarbeiter den Asphalt an der linken Straßenseite auf und füllten die Rinne provisorisch mit lockeren Steinen.
Eine Radfahrerin passierte die Baustelle und musste, um nach links abzubiegen die Rinne queren. Dabei rutschte das Hinterrad weg, die Frau kam zu Fall und brach sich den Ellenbogen. Auch Verletzungen am Handgelenk führten dazu, dass sie den Arm dauerhaft nur eingeschränkt bewegen konnte. Deshalb verlangte sie von dem verantwortlichen Straßenbauunternehmen Schadenersatz sowie 8.500 Euro Schmerzensgeld.
Radfahrerin trifft keine Mitschuld
Das Karlsruher Oberlandesgericht gab ihr Recht. Die Rinne sei offenkundig gefährlich gewesen. Mehrere Anwohner konnten bestätigen, dass am Tag des Unfalls noch weitere Radfahrer an der Baustelle stürzten oder sich nur knapp auf dem Rad halten konnten. Ein Gutachter schätzte das Sturzrisiko für Radfahrer an der Unfallstelle auf 80 Prozent. Die Frau sei weder zu schnell unterwegs gewesen, noch habe sie sich anderweitig mitschuldig gemacht. Auf einer asphaltierten Straße in einem Wohngebiet müssten Radfahrer nicht damit rechnen, dass der Straßenbelag fehle. Außerdem habe sie das lose Material in der Rinne nicht vorab selbst bemerken können. Die Bauarbeiter hätten die Straße also entweder komplett sperren oder mit Warnschildern auf die nur provisorisch aufgefüllte Rinne hinweisen müssen.
Oberlandesgericht Karlsruhe
Aktenzeichen 9 U 59/19