Im Fall, über den das Portal Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen berichtet, wollte der Beklagte mit seinem Fahrzeug auf der Straße verkehrswidrig wenden. Er schlug zum Wenden ein, musste dabei aber auf der Fahrspur halten, da sich auf der Gegenfahrbahn Verkehr befand. Der Kläger näherte sich dem Beklagten auf derselben Fahrbahn. Als er das vor ihm stehende Fahrzeug bemerkte, hupte er und verringerte seine Geschwindigkeit – kollidierte aber dann mit dem Fahrzeug des Beklagten. Der Beklagte hatte dem Kläger die Hälfte des ihm entstandenen Schadens ersetzt, doch das war dem Kläger nicht genug. Dieser wollte nun auch die übrigen Schadenskosten geltend machen, da er die Schuld am Unfall ausschließlich beim Beklagten aufgrund dessen verkehrswidrigen Wendemanövers sah.
Das Landgericht Hanau folgte der Ansicht des Klägers nicht, sondern hält ihn zu gleichen Teilen für den Verkehrsunfall mitverantwortlich. Zwar sei dem Beklagten das verkehrswidrige Wendemanöver vorzuhalten, doch auch dem Kläger sei Fehlverhalten vorzuwerfen. Dieser hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte sein Fahrzeug von der Fahrbahn entfernt, bevor er die Stelle passiert. Der Kläger hätte rechtzeitig abbremsen können, habe aber nur die Geschwindigkeit verringert und sei somit ohne zwingenden Grund in das Beklagtenfahrzeug hineingefahren. Das stelle laut Gericht einen Verstoß gegen das allgemeine verkehrsrechtliche Rücksichtnahmegebot dar.
Landgericht Hanau
Aktenzeichen 2 S 62/22